Seit Mitte April - wenngleich unter strengen Regeln - haben die Schulen in Dänemark teilweise wieder geöffnet. Dänemark war damit Vorreiter in Sachen Lockerung. Wie unsere Nachbarn mit diesem Thema umgehen.

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Seit Mitte April haben die Schulen in Dänemark teilweise wieder geöffnet. Dänemark war damit Vorreiter in Sachen Lockerung. Im Gegensatz zu anderen Ländern wurden die Schultore für die jüngeren Jahrgänge geöffnet, während die älteren Schüler noch zu Hause bleiben müssen. Mit der Öffnung der Schulen ist Dänemark zweifelsohne ein Risiko eingegangen, dessen Ausgang nach wie vor ungewiss ist, auch wenn jetzt die ersten Zahlen vorliegen.

Interessant ist die Entwicklung in Dänemark auch deshalb, weil die deutsche Familienministerin Franziska Giffey (SPD) dafür plädiert, dem dänischen Vorbild zu folgen und unter strengen Hygienestandards und mit kleinen Gruppen Kindergärten, Kitas und Schulen stufenweise zu öffnen.

Der neue dänische Schulalltag

Die Öffnung der Schulen unterlag strengen Regeln. Durchschnittlich wurde jede Klasse in drei kleinere Gruppen aufgeteilt, was einen dreifachen Lehrer- beziehungsweise Betreuungsbedarf bedeutet, und für die Lehrer Arbeit im Schichtbetrieb. Da dieser Bedarf nicht allein durch den Lehrkörper gedeckt werden konnte, sprangen Erzieher und Pädagogen ein.

Im Klassenzimmer sitzen die Kinder einzeln an Tischen mit einem Mindestabstand von zwei Metern. Nach Möglichkeit soll der Unterricht im Freien stattfinden. Es gibt Markierungen auf dem Boden, damit die Kinder einen Anhaltspunkt haben und sich nicht zu nahe kommen, außerdem sind Schilder mit der Aufschrift "Haltet Abstand" angebracht.

Eltern müssen sich am Schultor von ihren Kindern verabschieden. Die einzelnen Klassen betreten nach Möglichkeit die Schule durch unterschiedliche Eingänge, um ein Gedränge zu vermeiden. Bevor die Kinder den Klassenraum betreten, müssen sie sich die Hände desinfizieren, danach alle zwei Stunden erneut die Hände waschen oder desinfizieren. Tische sowie Lernmaterialien und Spielzeug werden mehrmals täglich gereinigt, ebenso Toiletten, Türgriffe und Schalter. Für den Schulweg gilt, auf öffentliche Verkehrsmittel möglichst zu verzichten, oder andernfalls den Mindestabstand von zwei Metern einzuhalten.

Um zu vermeiden, dass sich die Kinder in den Pausen zu nahe kommen, können sie sich Videos anschauen. Das Essen dürfen sie sich nicht selbst nehmen, und sie dürfen auch kein Essen und keine Süßigkeiten teilen. Es gibt keine Buffets und auch die Teeküchen wurden geschlossen.

Krippen, Kindergärten und Kitas

Öffnen durften ab dem 15. April neben Schulen bis zur fünften Klasse auch Krippen, Kindergärten und Kitas, sofern sie die Voraussetzungen hinsichtlich der strengen Vorgaben erreichen konnten. Dazu gehört, dass die Kinder in möglichst kleine und feste Gruppen aufgeteilt werden können. Um die Trennung auch im Freien zu gewährleisten, wurden Abtrennungen aufgebaut.

Platzmangel ist ein großes Problem bei Kitas und Kindergärten, diesen jedoch braucht man, will man die Abstandsregeln einhalten. In Kitas soll es pro Kind sechs Quadratmeter, in Schulen vier Quadratmeter Fläche geben. Daher können viele Gemeinden nur etwa die Hälfte der Kinder betreuen. Freuen werden sich die Kleinsten sicherlich über Ausweichquartiere wie etwa den für sonstige Besucher gesperrten Kopenhagener Zoo.

Warum diese Entscheidung?

Der erste bestätigte Corona-Fall in Dänemark geht auf den 27. Februar 2020 zurück. Bereits am 11. März ordnete die dänische Regierung die Schließung von Schulen, Kindergärten, Kitas und anderen öffentlichen Einrichtungen an. Da man das öffentliche Leben sehr früh heruntergefahren hatte und auch die Grenzen mit Mitte März frühzeitig geschlossen wurden, ging die Zahl der Fälle in den Krankenhäusern Dänemarks seit Ende März zurück. Mitte April steckte jede mit dem Virus infizierte Person nach Behördenangaben durchschnittlich nur noch 0,6 Personen an. Zu Beginn der Maßnahmen Mitte März lag der Wert noch bei 2,4. Auch in Deutschland geht man davon aus, dass ein Wert von unter 1,0 Voraussetzung für eine Lockerung der Maßnahmen ist.

Nach einem Monat strengen Lockdowns entschloss sich Dänemark zur schrittweisen Lockerung. Dass nun gerade die jüngeren Jahrgänge zuerst wieder in die Schule gehen dürfen, wurde mit einer Entlastung der Eltern jüngerer Kinder begründet, die mehr Betreuungsbedarf haben als ältere Schüler, die eher allein zu Hause bleiben und verantwortungsbewusster mit der Situation umgehen können. Hinzu kommt, dass Dänemark in puncto Digitalisierung den Schulen Deutschlands weit voraus ist und so das Online-Lernen leichter realisierbar ist.

Die Entscheidung ist nicht unumstritten

Deutschland verfolgt einen anderen Weg und öffnete die Schulen zunächst für Abiturienten und Schüler der Abschluss- und Vorabschlussjahrgänge, nicht zuletzt, um Prüfungen und Schulabschlüsse zu ermöglichen. Hinzu kommt das Argument, dass sich ältere Schüler eher an Maßnahmen wie Abstandsregelungen und Hygienemaßnahmen halten.

Innerhalb Dänemarks gab es vielfach Diskussionen, ob der Weg nicht doch eine riesige Gefahr berge. Viele Eltern haben sich zusammengeschlossen, die Facebook-Gruppe "Mein Kind soll kein Versuchskaninchen für COVID-19 sein" hat etwa 40.000 Mitglieder.

Bisherige Zahlen und Erkenntnisse in Dänemark

Laut Johns Hopkins University gibt es in Dänemark 9.605 bestätigte Fälle (Stand: 3. Mai 2020). Gestorben sind 475 Personen, dem gegenüber stehen 7.085 Genesene. Die Zahl der täglichen Neuansteckungen hatte mit 391 Fällen ihren Höchststand am 7. April 2020. Zum Zeitpunkt der Lockerung am 15. April gab es 170 bestätigte neue Fälle, am 2. Mai 2020 waren es 96 neue Fälle.

Daraus lässt sich ableiten, dass nach jetzigen Erkenntnissen die Zahl der Neuerkrankungen weiter fällt. Das würde im Moment dafür sprechen, dass die Öffnung der Schulen und Kitas nicht zu einer vermehrten Zahl an Neuinfektionen geführt hat. Natürlich bleibt abzuwarten, wie sich die Zahlen in den nächsten Wochen weiter entwickeln werden.

Verwendete Quellen:

  • Johns Hopkins University (JHU): Dashboard
  • zeit.de: Der zweite erste Schultag
  • Deutschlandfunk. de: Wie sich das Coronavirus in Europa ausbreitet
  • Süddeutsche.de: Im digitalen Dickicht
  • Tagesspiegel.de: Macht das Modell Dänemark Schule?

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