• Am Morgen nach den Corona-Verschärfungen äußern sich der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und RKI-Chef Lothar Wieler zum weiteren Vorgehen im Kampf gegen die vierte Infektionswelle.
  • Ihre Warnungen sind deutlich und drastisch formuliert.

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Angesichts der immer bedrohlicheren Corona-Welle mit Rekord-Infektionszahlen kommen neue Alltagsauflagen auf Millionen Bürger zu. Weitreichende praktische Folgen könnten die Beschlüsse von Bundestag, Bundesländern und Bundesregierung vom Donnerstag für Ungeimpfte haben.

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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ließ zu Beginn seiner Ausführungen im Rahmen einer Pressekonferenz am Tag nach den gefassten Beschlüssen keinen Zweifel: "Die Lage ist ernster als letzte Woche. Wir sehen auf den Intensivstationen und bei den Todeszahlen traurig hohe Werte. Es ist zehn nach zwölf. Wir sind in einer nationalen Notlage." Maßnahmen der Kontaktbeschränkung sind für Spahn das Gebot der Stunde. "Es geht auch um einen Lockdown für Ungeimpfte."

Das sogenannte Boostern, das Auffrischen des Impfschutzes für bereits Geimpfte, so Spahn, sei wichtig, breche aber die Welle nicht kurzfristig.

Fünf Wochen vor Weihnachten wagte Spahn noch keine Aussage, wie das Weihnachtsfest unter Corona-Bedingungen aussehen kann. "Die Frage, wie Weihnachten wird, da traue ich mir keine Aussage zu. Es liegt an jedem von uns." Spahn wies darauf hin, dass bei einem Reproduktionswert deutlich unter eins die Zahl der Neuinfektionen genauso schnell sinken könne, wie sie gestiegen sei.

Wieler: "Wir müssen die Notbremse ziehen und das Ruder herumreißen"

Deutliche Worte der Warnung fand auch Prof. Lothar H. Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts: "Ganz Deutschland ist ein einziger großer Ausbruch. Das ist eine nationale Notlage. Wir müssen die Notbremse ziehen", sagte Wieler. Die täglichen Fallzahlen seien nicht mehr hinnehmbar. "Bei allen Schwellenwerten sind die Grenzen überschritten. Die medizinische Versorgung der Corona-Patienten ist zum Teil nicht mehr gewährleistet. Die Todeszahlen mit COVID-19-Patienten steigen rasant an. Wir müssen Kinder und ältere Menschen schützen. Wir müssen jetzt das Ruder herumreißen. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren."

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Wieler bemühte ein einprägsames Bild, um seine Ausführungen und die Dramatik der Corona-Lage zu untermauern: "Es ist wie bei einem Tanker, der auf eine Hafenmauer zufährt. Wir dürfen die Hafenmauer nicht frontal einreißen. Wir schaffen es nur gemeinsam, diesen Tanker zu bremsen." Wieler ließ aber auch wissen: "Das ausgeschüttete Wasser bekommen wir in den Eimer nicht mehr rein." Noch, so der Experte, hätten wir es in der Hand, wie sich die Lage entwickelt. Eine Regel aber, die nicht eingehalten würde, "macht keinen Sinn."

Ohnehin: "Wenn wir heute Maßnahmen treffen, sehen wir deren Effekt in zwei Wochen." In Regionen wie Bayern, Sachsen oder Thüringen mit sehr hohen Inzidenzen dauere es natürlich länger, bis man die Situation wieder deeskaliere, als dort wo man schon früher Schutzmaßnahmen einhalte. "Fünf Wochen ist keine lange Zeit."

Wieler fühlt sich wie der Corona-"Papagei"

Verzweiflung klang durch, als Wieler auf die Frage einging, warum Deutschland trotz des Wissens um das Auftreten einer vierten Welle weit im Vorfeld nicht besser auf deren Ausmaß vorbereitet gewesen sei: "Ich bin schon lange der Papagei", bemerkte Wieler. Er bezog sich auf seine regelmäßigen Warnungen in diversen Pressekonferenzen.

Die von der Ministerpräsidentenkonferenz flächendeckend beschlossene 2G-Regel hält Wieler für nicht mehr ausreichend. Die 2G-Regel sei sinnvoll, "in der aktuellen Situation reicht das nicht mehr." Er bekräftigte seine Forderung, Großveranstaltungen abzusagen, Hotspots wie schlecht belüftete Clubs und Bars zu schließen und private Kontakte zu reduzieren.

Mit Material der dpa und der AFP

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