Auch am Wochenende wird die Tagespolitik von Corona bestimmt. Sollte sich das Virus weiterhin so schnell ausbreiten, rechnet SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach mit lokalen Shutdowns. Indes findet Bundeskanzlerin Angela Merkels dramatischer Appell nicht nur Unterstützer.

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SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zählt im Kampf gegen das Coronavirus auf das Verhalten der Menschen - weniger auf die Eindämmungsmaßnahmen. "Es wird darauf ankommen, wie sich die Bevölkerung verhält. Das ist wichtiger als einzelne Maßnahmen. Viele Auflagen lassen sich ohnehin schwer überprüfen", sagte der Mediziner den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online Sonntag, Print Montag).

Karl Lauterbach rechnet mit lokalen Shutdowns

Bei einer weiterhin so schnellen Ausbreitung des Coronavirus rechnet Lauterbach mit lokalen Shutdowns in Deutschland. "Es ist ganz simpel. Der R-Wert liegt bei etwa 1,3. Wenn wir den nicht runter bekommen, steigen die täglichen Fallzahlen innerhalb kürzester Zeit so stark an, dass die Kliniken und Gesundheitsämter überlaufen werden. Dann kommen lokale Shutdowns."

Die auch R-Wert genannte Reproduktionszahl gibt an, wie viele weitere Menschen ein Infizierter ansteckt. Laut Lagebericht des Robert Koch-Instituts (RKI) von Samstagabend lag der R-Wert bei 1,4.

Am frühen Sonntagmorgen meldete das RKI 5.587 Corona-Neuinfektionen in Deutschland, eine Woche zuvor waren es 3.483 neue Fälle. Am Samstag war mit 7.830 zum dritten Mal in Folge einen Höchstwert erreicht worden.

An Sonntag und Montagen sind die erfassten Fallzahlen meist niedriger, auch weil am Wochenende nicht alle Gesundheitsämter Daten an das RKI übermitteln.

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Christian Lindner kritisiert Angela Merkel

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die Menschen angesichts sprunghaft gestiegener Corona-Infektionszahlen am Samstag aufgefordert, soziale Kontakte zu beschränken und weniger zu reisen.

"Wir müssen jetzt alles tun, damit das Virus sich nicht unkontrolliert ausbreitet. Dabei zählt jetzt jeder Tag", sagte die CDU-Politikerin in ihrer wöchentlichen Videobotschaft.

Unterstützung für ihren Appell bekam die CDU-Politikerin von Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder. Der CSU-Chef sagte "Bild am Sonntag": "Die Lage ist ernst. Wenn wir nicht rasch gegensteuern, gerät Corona außer Kontrolle. Wer zögert, riskiert einen zweiten Lockdown. Nie waren Umsicht, Vorsicht und Solidarität so wichtig wie jetzt."

Kritik kam hingegen von FDP-Chef Christian Lindner, er sagte dem Blatt: "Wenn die Bundeskanzlerin eine solche Dramatik sieht, muss sie umgehend eine Regierungserklärung abgeben. Ein Podcast ersetzt nicht die Debatte im Bundestag, wenn es um Grundrechte geht."

Michael Kretschmer fordert stärkere Unterstützung der Bundeswehr

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans rief die jüngere Generation zu mehr Umsicht und Solidarität auf. "Da müssen wir dieser Generation, die in unserer Gesellschaft in vielen ethischen Fragen wie Klimaschutz oder internationale Konflikte ein wichtiger Mahner ist, ganz unmissverständlich sagen: Es geht auch hier nicht nur um Euch, sondern Ihr gefährdet mit Eurem Verhalten auch andere, besonders die Schwächeren", sagte Walter-Borjans dem "Spiegel".

Er betonte zugleich, man solle "nicht einer ganzen Generation schlechten Charakter unterstellen".

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer fordert im Kampf gegen das Coronavirus eine stärkere Unterstützung durch die Bundeswehr in den Gesundheitsämtern.

"Wir sind in der exponentiellen Phase", sagte der CDU-Politiker der "Bild am Sonntag". "Wir müssen damit rechnen, dass sich die Zahl der Neuinfektionen im Drei- oder Vier-Tages-Rhythmus verdoppelt. Das bringt die Gesundheitsämter bei der Nachverfolgung von Kontakten positiv getesteter Fälle an ihre Grenzen und wir können die Infektionsketten nicht mehr unterbrechen."

Laut Kretschmer müssen die Gesundheitsämter dringend personell aufgerüstet werden. "Da muss die Bundeswehr stärker eingebunden und Mitarbeiter aus den Landesministerien abgeordnet werden. Die Polizei muss den Ordnungsämtern bei der Kontrolle der Maßnahmen helfen." (ff/dpa)

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