Eine Forderung der Grünen auf Bundesebene hat mächtig Wirbel ausgelöst. Die Koalitionsfraktionen werfen der Partei Doppelmoral vor - weil sie in Ländern anders handelt.
Die Grünen haben eine breite Debatte über einen Baustopp für neue Autobahnen ausgelöst. Im Bundestag kam es deswegen am Mittwoch zu einer hitzigen Diskussion. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte, in Landesregierungen agierten Grünen-Verkehrsminister völlig anders und hätten dem Ausbau von Autobahnen zugestimmt. Die Grünen seien eine Partei der Verbote und des Stillstands.
Die Grünen hatten am Wochenende auch vor dem Hintergrund von geplanten Abholzungen im Dannenröder Forst in Hessen zugunsten des Ausbaus der Autobahn 49 ein Moratorium für den Neubau von Autobahnen und Bundesstraßen gefordert. Es solle grundsätzlich geprüft werden, ob diese notwendig und mit Klimazielen vereinbar seien. Die Partei sprach sich außerdem gegen den Weiterbau der A49 aus.
Die schwarz-roten Koalitionsfraktionen hatten daraufhin eine Aktuelle Stunde im Bundestag beantragt. Der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic warf den Grünen eine Doppelmoral vor. Deutschland brauche Planungssicherheit und könne keine Rückfälle in grüne "Sponti-Politik" gebrauchen. Die Grünen seien eine Partei der "Autohasser". SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte, die Grünen handelten populistisch. In den Ländern bauten grüne Verkehrsminister munter Straßen, im Bundestag werde das Gegenteil gefordert.
In Deutschland gibt es ein 13.000 Kilometer langes Autobahn-Netz, der Bundesverkehrswegeplan sieht den Bau von hunderten neuen Kilometern in den kommenden Jahren vor.
Rückendeckung von den Umweltverbänden
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte, die SPD sei eine "Asphaltierer-Partei". Die Klimakrise habe sich verschärft, der CO2-Ausstoß im Verkehr sei in den vergangenen Jahren nicht gesunken. Deswegen seien grundlegende Änderungen notwendig. Die Verkehrswende müsse in der Realität ankommen.
Schützenhilfe bekamen die Grüne von Umweltverbänden. "Union und SPD setzen Mobilität offenbar noch immer mit dem Bau neuer Autobahnen und Bundesstraßen gleich", kritisierte der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt am Mittwoch. "Damit ignorieren sie weiterhin die Klimakatastrophe und den Verlust der Biodiversität." Im aktuellen Bundesverkehrswegeplan seien bis 2030 allein 850 Kilometer zusätzliche, neue Autobahnen geplant. "Das ist Irrsinn in einem Land, das bereits von einem der dichtesten Fernstraßennetze der Welt zerschnitten ist."
Bauruinen und verbranntes Geld
Dagegen sagte ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand, er könne Forderungen nach einem generellen Baustopp beim Neubau von Autobahnen nicht nachvollziehen. "Das Autobahnnetz in Deutschland ist ohnehin weitgehend fertiggestellt, von daher ist auch die Zahl längerer Neubaustrecken überschaubar. Für den ADAC stehen bei den Investitionen in die Fernstraßen Erhaltung, Ausbau und Lückenschlüsse im Vordergrund." Es wäre widersinnig, notwendige Lückenschlüsse von Autobahnen aufzugeben. Baustopps hinterließen lediglich Bauruinen und sinnlos verbranntes Geld. (mss/dpa)
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