Der Tod des Schwarzen George Floyd bei einem Polizeieinsatz in den USA bewegt auch Deutschland. Tausende Menschen gehen auf die Straße. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zeigt sich unterdessen besorgt über dichte Menschenmengen während der Corona-Pandemie.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat sich nach den jüngsten Demonstrationen gegen Rassismus besorgt gezeigt über dichte Menschenmengen während der Corona-Pandemie. "Der Kampf gegen Rassismus braucht unser gemeinsames Engagement. Jeden Tag", erklärte Spahn am Samstagabend auf Twitter. "Doch dicht gedrängte Menschenmengen mitten in der Pandemie besorgen mich." Auch bei wichtigen Anliegen gelte: "Abstand halten, Alltagsmaske tragen, aufeinander acht geben. Um uns und andere zu schützen."
20.000 Demonstranten allein in München
Zehntausende Menschen in Deutschland haben am Samstag gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstriert. Allein am Berliner Alexanderplatz waren es nach Polizeiangaben rund 15.000 Teilnehmer, die Veranstalter hatten mit 1.500 Teilnehmern gerechnet. In München gingen etwa 20.000 Demonstranten auf die Straße. Auslöser war der Tod des Schwarzen George Floyd in den USA bei einem brutalen Polizeieinsatz Ende Mai. Kritik gab es am Samstag, weil mancherorts der wegen der Corona-Pandemie geltende Mindestabstand nicht eingehalten wurde.
Viele der Demonstranten auf dem Alexanderplatz waren dunkel gekleidet. Bei einer Schweigeminute setzten sich die Teilnehmer, darunter viele Jugendliche, auf den Boden. Sie dauerte genau acht Minuten und 46 Sekunden. So lange hatte ein Polizist Floyd am 25. Mai sein Knie in den Nacken gedrückt, bis dieser sein Bewusstsein verlor und kurz darauf starb. In den Vereinigten Staaten war es daraufhin zu Protesten und teilweise auch Ausschreitungen gekommen.
Versammlungsgelände musste erweitert werden
Am Samstag gingen in Deutschland auch in Städten wie Hamburg, Frankfurt am Main, Mannheim und Stuttgart Tausende auf die Straße. Im Internet waren Aufrufe zu "Silent Demos" ("Stille Demos") veröffentlicht worden. "Nein zu Rassismus" und "Black Lives Matter" ("Schwarze Leben zählen"), hieß es dort. Die Demonstranten sollten in schwarzer Kleidung zu erscheinen. Man wolle während der Demonstration still und schweigend an den Tod Floyds erinnern.
In München waren immer wieder Rufe "Black Lives Matter" ("Schwarze Leben zählen") zu hören. Ein Polizeisprecher sagte: "Wir haben permanent Durchsagen gemacht, um auf die Einhaltung der Abstandsregeln hinzuweisen, die gerade anfangs oft nicht eingehalten wurden." Das Versammlungsgelände sei schließlich erweitert worden, um mehr Platz zu schaffen. Aus den angemeldeten 200 Menschen waren 20.000 Demonstranten geworden.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach äußerte sich auf Twitter kritisch: "Ich teile den Anlass des Protests voll und ganz. Aber trotzdem sind die Abstände zu klein." Die Gefahr der Corona-Pandemie sei nicht gebannt. Rassismus müsse bekämpft werden, aber ohne vermeidbare Corona-Tote.
Polzei: "Wir sind an eurer Seite"
In Hamburg sprach die Polizei von insgesamt 14.000 Teilnehmern bei zwei fast zeitgleichen Kundgebungen am Jungfernstieg und am Rathausmarkt - erlaubt waren wegen der Coronamaßnahmen zusammen nur gut 800. Die Hamburger Polizei hatte bereits vor den Demonstrationen ihre Solidarität erklärt. "Wir sind an eurer Seite!", twitterte sie vor Beginn der Kundgebungen. "Rassismus darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Wir arbeiten täglich dafür, dass sich alle Menschen in Hamburg sicher fühlen können."
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) erklärte, Rassismus töte, nicht nur in Amerika. "Ich danke denjenigen, die heute dagegen aufstehen und die jeden Tag leben, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Und zwar jedes Menschen."
Gewaltausbrüche in Hamburg und Berlin
Im Anschluss an die friedlichen Proteste in Hamburgs Innenstadt kam es zu Auseinandersetzungen zwischen einer Gruppe Demonstranten und der Polizei. Aus der Gruppe heraus sei Pyrotechnik gezündet worden, sagte eine Sprecherin. Zwei Beamte wurden laut Polizei verletzt. Zunächst war von drei Verletzten die Rede gewesen - in einem Fall habe sich aber herausgestellt, dass es sich um Kreislaufprobleme handelte, hieß es auf Nachfrage. Einige Vermummte hätten Banner entrollt mit der Aufschrift «Bullenschweine» und "ACAB", was für "All cops are bastards" ("Alle Polizisten sind Bastarde") steht. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, um den Platz zu räumen.
Auch in Berlin kam es nach der friedlich verlaufenen Demonstration laut Polizei zu einem Gewaltausbruch. Aus einer größeren Gruppe heraus wurden Steine und Flaschen auf Polizisten und Passanten geworfen, wie eine Sprecherin vor Ort sagte. Dabei wurde auch ein Pressefotograf von einer Flasche getroffen. Er erlitt eine Kopfplatzwunde. Es sei kein gezielter Angriff gewesen, sagte eine Polizei-Sprecherin. Es gab auch vereinzelt verletzte Polizisten und Festnahmen, wie die Polizei per Twitter mitteilte. Zu genauen Zahlen gab es zunächst keine Angaben. (dpa/fra)
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