Wie kein anderes Datum steht der 9. November für das Auf und Ab der deutschen Geschichte. Mehrmals geschahen an diesem Tag Dinge, in deren Tradition sich die Deutschland heute gerne stellt. Mehrfach markierte er aber auch die dunklen Seiten der deutschen Vergangenheit. Ein Überblick.

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1848: Märzrevolution

Die Märzrevolution von 1848 markiert einen Meilenstein für die Bestrebungen in Deutschland, die absolute Macht der Monarchen zu brechen und auch sie einer – zumindest teilweisen – Kontrolle des Volkes zu unterwerfen. Die Turbulenzen jener Wochen und Monate sind kein rein deutsches Phänomen: Überall in Europa versuchen Liberale in der Mitte des 19. Jahrhunderts, die Macht der Könige und Fürsten einzuschränken. Die Farben Schwarz-Rot-Gold gelten in Deutschland als Symbol für diese Versuche – die vorerst scheitern.

Denn längst nicht jeder hält es für eine gute Idee, das Volk über seine Geschicke mitbestimmen zu lassen. Gemeinsam mit ihren reaktionären Anhängern schlagen die europäischen Monarchen die revolutionären Bestrebungen von 1848 nieder – und bestrafen jene drakonisch, die gegen sie aufbegehrt hatten. Unter ihnen ist Robert Blum, ein Abgeordneter der Nationalversammlung in Frankfurt, dem ersten frei gewählten Parlament der deutschen Nachfolgestaaten des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Blum wird am 9. November 1848 in Wien erschossen.

1918: Beginn der Weimarer Republik

Kurz vor dem Ende des Ersten Weltkrieges bricht die Monarchie in Deutschland dann doch zusammen. Der ganze Herbst 1918 steht innenpolitisch im Zeichen von Unruhen, die drohende Niederlage der kaiserlichen Streitkräfte im Feld in Frankreich heizt die Stimmung an. Revolution liegt in der Luft. In manchen Betrieben wird gestreikt, es bilden sich Arbeiter- und Soldatenräte, Gerüchte über einen bevorstehenden Umsturz machen die Runde.

In dieser Situation erklärt Reichskanzler Prinz Maximilian von Baden am 9. November 1918 in Berlin eigenmächtig die Abdankung von Kaiser Wilhelm II. Sein Ziel ist es, radikale politische Kräfte – vor allem innerhalb der Linken – auszubremsen. Wenig später stellt sich der stellvertretende SPD-Vorsitzende Philipp Scheidemann auf einen Balkon des Berliner Reichstags und ruft die erste deutsche Republik aus.

1923: Hitlers Ludendorff-Putsch

So wie die erste Republik auf deutschem Boden an einem 9. November beginnt, so erlebt sie an einem 9. November eine ihrer schwersten Stunden. Der junge Staat, der in den Nachwehen des Ersten Weltkrieges geboren wurde, kommt bis weit in die 1920er-Jahre hinein nicht zur Ruhe. Eine schwache Wirtschaft, Angriffe von ganz links und rechts außen gegen die wenig wehrhafte Demokratie, die Ansprüche der Alliierten gegen jenes Deutschland, das sich Weimarer Republik nennt: Deutschland in der Zwischenkriegszeit ist ein Staat in der Dauerkrise.

Diese Schwäche will am 9. November 1923 Adolf Hitler ausnutzen. Hitler, der damals schon ein "Führer"-Amt innerhalb der NSDAP bekleidet, versucht, in München gemeinsam mit dem Weltkriegs-General Erich Ludendorff die Macht an sich zu reißen. Mit dem sogenannten Hitler-Ludendorff-Putsch wollen die beiden Männer von Bayern aus nach Berlin ziehen, um die Republik zu beseitigen, die sie so sehr verachten. Dieser Anlauf scheitert: Unter den Kugeln der Münchner Polizei endet der Putsch vor der Feldherrenhalle. Die NSDAP wird verboten und Hitler zu fünf Jahren Haft verurteilt. In dieser Zeit schreibt er große Teile seines Buches "Mein Kampf".

1938: Reichspogromnacht

Scheiterte Hitler 1923 noch mit dem Versuch, die Macht an sich zu reißen, so gelingt ihm das gut zehn Jahre später: Die NSDAP wird 1932/33 zur stärksten Kraft im Reichstag und Hitler Reichskanzler. Die Weimarer Republik zerbricht daran, "eine Republik ohne Republikaner" zu sein, wie es im Nachgang immer wieder heißt. Unter anderem den Turbulenzen der Weltwirtschaftskrise ist der schwache Staat nicht gewachsen. Den Verlockungen radikaler Ideen haben die Demokraten bald nichts mehr entgegenzusetzen.

Am 9. November 1938 gehen in der "Reichskristallnacht", die heute Reichspogromnacht genannt wird, in Deutschland hunderte Synagogen in Flammen auf, tausende jüdische Geschäfte, Häuser und Wohnungen werden zerstört. Das Glas, das am nächsten Morgen unter anderem vor den Läden auf den Straßen liegt, gibt dieser Nacht ihren zeitgenössischen Namen. Noch viel dramatischer als der Sachschaden: Etwa 100 Juden – fast alle deutsche Staatsbürger – werden ermordet. Was nach spontanem Volkszorn auf die angeblichen Feinde des Reichs aussehen soll, ist eine von SS und SA organisierte Inszenierung.

1989: Mauerfall

Nach dem zweiten Weltkrieg und der Teilung Deutschlands steht der 9. November am Ende des 20. Jahrhunderts für ein Ereignis, auf das man gerne zurückblickt. Hatte sich der sozialistische Teil des Landes nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zunächst immer mehr abgeschottet, seine Bürger eingeschlossen und eine der am intensivsten überwachten Gesellschaften des ganzen Ostblocks geschaffen, so zerfällt dieses Gebilde Ende der 1980er Jahre mit einer kaum für möglich gehaltenen Geschwindigkeit.

Zwar versucht die SED-Elite um Erich Honecker zunächst, gegen den Wandel anzukämpfen, der damals in der Sowjetunion unter Michael Gorbatschow um sich greift. Doch am 9. November 1989 müssen selbst die Parteioberen in der DDR einsehen, dass sie verloren haben und ihre Vorstellung von Deutschland nicht mehr zu retten ist. Nachdem Hunderttausende in ostdeutschen Großstädten auf die Straßen gegangen sind, fällt an diesem Tag nach 28 Jahren die Berliner Mauer – das sichtbarste Symbol der deutschen Teilung und des Kalten Krieges. Nicht einmal ein Jahr später – am 3. Oktober 1990 – wird Deutschland wiedervereint.

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