Wenn es nach Gesundheitsminister Jens Spahn und seinen Unterstützern geht, soll in Zukunft prinzipiell jeder Bürger zum Organspender werden. Der Ethikrat hält die Widerspruchslösung allerdings für unnötig und schädlich.

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In der Debatte um neue Regeln für mehr Organspenden hat eine Gruppe von Abgeordneten eindringlich für die doppelte Widerspruchslösung geworben.

Die bisherige Entscheidungslösung, nach der sich potenzielle Organspender aktiv dafür entscheiden müssen, habe nicht ausreichend gefruchtet, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Montag in Berlin.

Jährlich sterben 2.000 Menschen auf der Warteliste

Jeder könne zu einem Patienten werden, der auf ein Organ warte. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagte: "Es sterben jedes Jahr um 2.000 Menschen auf der Warteliste."

Der von der Gruppe vorgelegte Gesetzentwurf sieht vor, dass sich grundsätzlich jeder ab 16 Jahren entscheiden soll, ob er zur Organspende im Fall des eigenen Hirntods bereit ist.

Eine umfassende Informationskampagne soll der Entscheidung vorausgehen. Diese soll jederzeit revidiert werden können. Widerspricht man nicht oder trifft keine Entscheidung, soll man als Spender registriert werden.

Vor einer Organentnahme soll der Arzt zusätzlich den nächsten Angehörigen fragen müssen, ob diesem ein schriftlicher Widerspruch oder ein der Entnahme entgegenstehender Wille bekannt ist.

Ethikrat spricht sich gegen Vorstoß aus

Der Ethikrat-Vorsitzende Peter Dabrock spricht sich gegen den Vorschlag aus, eine höhere Organspende-Bereitschaft durch eine Widerspruchslösung zu erreichen. "Damit wird für mich der Körper nach dem Hirntod zu einem Objekt der Sozialpflichtigkeit", sagte der Theologieprofessor am Montag im Deutschlandfunk.

Der Vorstoß der Widerspruchslösung sei unnötig und schädlich, da er Vertrauen beschädige und zu kaum mehr Effizienz bei der Organspende führe.

Dabrock sieht zwar einen Unterschied zwischen Hirntod und Tod, hält Organspenden grundsätzlich aber für wichtig und gut, da sie ein "Akt der Solidarität mit schwerstkranken Menschen" seien.

"Wir brauchen eine viel breitere Debatte zu den Schwierigkeiten, die das ganze Transplantationswesen vielen Menschen bereitet, und zwar nicht, damit wir die Bereitschaft senken, sondern dass wir sie erhöhen."

Zahlreiche EU-Staaten setzten auf die Widerspruchslösung

"Es wird niemand zu irgendetwas gezwungen", sagte der CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein. Die Linke-Abgeordnete Petra Sitte sprach von einem "solidarischen Akt" gegenüber den Mitmenschen. Vollzogen werde dieser erst in der Sterbephase - "während des Ablebens". In 20 von 28 EU-Staaten gelte bereits eine Widerspruchslösung, betonte Spahn.

Der Bundestag soll ohne Fraktionszwang über eine Reform entscheiden. Eine Gruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock will, dass die Bürger Erklärungen zur Organspende beim Abholen eines Ausweises abgeben können. (dpa/thp)

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