Angespannte Beziehung und politische Gefangene hin oder her: Sollte sich die Wirtschafts- und Währungskrise in der Türkei weiter zuspitzen, will SPD-Chefin Andrea Nahles dem Land mit Steuergeld unter die Arme greifen.

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Andrea Nahles hat deutsche Hilfe für die wirtschaftlich in Bedrängnis geratene Türkei ins Gespräch gebracht. "Es kann die Situation entstehen, in der Deutschland der Türkei helfen muss – unabhängig von den politischen Auseinandersetzungen mit Präsident (Recep Tayyip) Erdogan", sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Zur Begründung sagte die SPD-Chefin: "Die Türkei ist ein Nato-Partner, der uns nicht egal sein kann. Es ist in unser aller Interesse, dass die Türkei wirtschaftlich stabil bleibt und die Währungsturbulenzen eingedämmt werden."

Die Türkei wird derzeit von einer Wirtschafts- und Währungskrise beherrscht, die die türkische Lira auf Talfahrt geschickt hat.

Cem Özdemir will Hilfe an Bedingungen knüpfen

Den für September geplanten Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland nannte Nahles richtig. "Die Bundesregierung muss mit der Türkei auf allen Ebenen im Gespräch bleiben", sagte sie. "Es ist meine klare Erwartung an die Bundeskanzlerin, dass natürlich auch kritische Fragen angesprochen werden - hierzu gehört insbesondere das Festhalten und die Inhaftierung von deutschen Staatsangehörigen in der Türkei."

Nach Aussage des Auswärtigen Amtes sitzen derzeit sieben Deutsche aus politischen Gründen in türkischen Gefängnissen. Ihnen wird Terrorpropaganda vorgeworfen.

Seit dem Putschversuch im Juli 2016 wurden Menschenrechtsorganisationen zufolge mehr als 50.000 angebliche Staatsfeinde inhaftiert. Die türkische Journalistengewerkschaft Türkiye Gazeteciler Sendikasi zählt 143 Journalisten und Medienmitarbeiter, die aufgrund ihrer Tätigkeit in Haft sitzen (Stand: Juli).

Anders als Nahles fordert der Grünen-Abgeordnete Cem Özdemir deshalb, wirtschaftliche Unterstützung für die Türkei an die "Rückkehr zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit" zu knüpfen, wie er auf Twitter schreibt.

Grund für die wirtschaftliche Misere in der Türkei ist nicht nur - aber auch - ein Streit mit den USA. Auch dieser dreht sich um einen politischen Häftling: Andrew Brunson.

Heiko Maas schlägt sich auf die Seite der USA

Der Pastor war im Oktober 2016 - wenige Monate nach dem Putschversuch in der Türkei - in Izmir festgenommen und im darauffolgenden Dezember wegen Terrorvorwürfen verhaftet worden.

Inzwischen hat ein Gericht die Untersuchungshaft des 50-Jährigen wegen gesundheitlicher Probleme in Hausarrest umgewandelt. Ihn freizulassen hat die Türkei aber wiederholt abgelehnt.

Genau das aber fordern die USA. Sie halten Brunson für unschuldig. Um den Druck auf die Türkei zu erhöhen, hat die Regierung von US-Präsident Donald Trump Wirtschaftssanktionen verhängt, welche die ohnehin schwächelnde türkische Wirtschaft vergangene Woche in Währungsturbulenzen gestürzt haben.

Im Verhältnis zum US-Dollar verlor die Lira knapp acht Prozent. Auch zum Euro wurde ein starker Wertverlust verzeichnet. Große Ratingagenturen stuften die Kreditwürdigkeit der Türkei daraufhin herab.

Außenminister Heiko Maas - Parteikollege von Andrea Nahles - hat der Türkei nahegelegt, Brunson freizulassen, um sich wirtschaftlich Luft zu verschaffen. "Das würde die Lösung der wirtschaftlichen Probleme, die es gibt, ganz erheblich vereinfachen", sagte er. (mcf/dpa/afp)

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