Nach dem überraschenden Bruch des Vorstands der Grünen Jugend mit der Partei folgen Austritte auf Landesebene. Die Bundessprecherinnen loten eine Zusammenarbeit mit der Linken aus. Doch ihr Rückzug stößt auch auf Kritik in der Jugendorganisation.

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Mit einem Paukenschlag hat der Vorstand der Grünen Jugend am Mittwochabend verkündet, geschlossen zurückzutreten und die Partei zu verlassen. Ein Entschluss, der offenbar schon einige Zeit zuvor getroffen wurde unabhängig vom Rücktritt der Grünen-Spitze am selben Tag. Das Timing aber hätte für eine möglichst große Aufmerksamkeit wohl kaum besser sein können.

Die abtrünnigen Jungpolitiker wollen nun dazu beitragen, eine "starke linke Kraft" in Deutschland aufzubauen, erklärt etwa die Noch-Co-Vorsitzende Svenja Appuhn auf X. Gegenüber der ARD erklärte ihre Kollegin Katharina Stolla zudem, dass man auch die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei auslote.

Vorstände von Landesverbänden ziehen nach

Dem Beispiel des Bundesvorstandes sind mittlerweile die Vorsitzenden einiger Landesverbände der Grünen-nahen Jugendorganisation gefolgt. So verlassen auch die Spitzen in Niedersachsen und Bayern die Partei.

"Grund dafür ist der Entfremdungsprozess von der Grünen Partei über die letzten Monate und Jahre. Viele Entscheidungen, die Grüne in der Regierungsbeteiligung getroffen haben, sowie den aktuellen programmatischen, inhaltlichen und strategischen Kurs können und wollen wir nicht länger mittragen", teilte die achtköpfige Spitze der Grünen Jugend Bayern mit.

Sie nannten als Beispiele das Bundeswehr-Sondervermögen, die Räumung des Braunkohleorts Lützerath, das Bürgergeld und die Reform des europäischen Asylsystems und beklagten eine nicht ausreichende Strategie gegen Rechts. Zu viele Konflikte habe man mit der Partei geführt "und dabei immer wieder festgestellt, dass die Grünen nicht das linke Projekt sind, das wir uns wünschen", hieß es. "Wir glauben nicht mehr, dass wir bei den Grünen und damit auch in der Grünen Jugend so Politik machen können, wie wir uns das vorstellen."

Der rheinland-pfälzische Vorstand will ebenfalls zurücktreten. Ob auch hier die Spitze die Partei verlassen will ist laut Informationen des "SWR" unklar. Andere prominente Mitglieder erklären in den Sozialen Medien, warum sie Teil der Grünen Jugend bleiben werden. Darunter etwa die Bundestagsabgeordnete Emilia Fester oder die früheren Grüne-Jugend-Sprecher Timon Dzienus und Anna Peters.

In Videoschalte soll Stimmung eskaliert sein

Hinter den Kulissen soll es laut Berichten der "Bild"-Zeitung kräftig brodeln. Per Videoschalte soll der scheidende Vorstand demnach etwa 400 Grüne-Jugend-Mitgliedern die Entscheidung erklärt haben. Das Blatt zitiert aus diesem Gespräch. Einige der Teilnehmenden hätten dem Vorstand Verständnis entgegengebracht. Andere sollen lautstark Kritik geäußert haben.

"Ihr seid in einer Verantwortungsposition für diesen Verband, und in der Hinsicht finde ich einfach despektierlich, wie ihr diese Sache gerade führt", zitiert die "Bild" etwa eine Wortäußerung. Ein anderes Mitglied habe gesagt: "Geht mit Gott, aber geht!" Stolla, Appuhn und dem Rest des Vorstands wurde zudem vorgeworfen, die Grüne Jugend zu spalten. Das wiederum spiele Rechtsaußen in die Karten, zitiert das Medium ein weiteres entrüstetes Mitglied.

Dass der scheidende Vorstand die Gunst der Stunde am Tag des großen Grünen-Bebens genutzt hatte, um die eigenen Pläne in die Öffentlichkeit zu tragen, stoße ebenfalls sauer auf. Genau wie die mediale Präsenz im Nachgang der Verkündung.

Die Zeitung zitiert eine Wortmeldung: "Ich erwarte, dass ihr euch nicht mehr öffentlich äußert." Was nicht gehe: Weiterhin die Aufmerksamkeit zu nutzen, den scheidenden Sprecherinnen wegen ihres politischen Amtes zuteilwird, um der Partei zu schaden.

Mitte Oktober wird die Grüne Jugend auf ihrem Bundeskongress in Leipzig eine neue Spitze wählen. Bis dahin bleibt der amtierende Vorstand im Amt. Unter diesen Vorzeichen dürfte die Veranstaltung feuriger werden, als man es zuvor erwartet hätte. (ras)

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