Die Bundesregierung blickt mit Skepsis auf den Vorschlag einiger EU-Staaten, neue Kontakte zur Regierung des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad zu knüpfen. Nachdenk-Prozesse seien zwar immer gut, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes vor Journalisten in Berlin. Klar sei aber auch, dass die syrische Führung "weiterhin täglich schwerste Menschenrechtsverbrechen gegen die eigene Bevölkerung begeht, und solange das so ist, kann man nicht wirklich eine Normalisierung der Beziehungen zum syrischen Regime anstreben wollen".

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Angesichts des anhaltenden Zustroms von Flüchtlingen aus Syrien wirbt eine Gruppe von EU-Staaten für engere Kontakte zur Regierung in Damaskus. In einem gemeinsamen Papier schlugen Italien, Österreich, Kroatien, Tschechien, Zypern, Griechenland, Slowenien und die Slowakei vor einigen Tagen unter anderem die Ernennung eines Syrien-Beauftragten vor. Dieser könnte die diplomatischen Beziehungen zu allen syrischen Parteien stärken.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell äußerte sich dazu zurückhaltend. Er schloss pragmatisches Handeln zugunsten des syrischen Volkes nicht aus, erinnerte aber daran, dass die syrische Führung enge Verbindungen zu Russland und dem Iran unterhalte.

Italien will wieder Botschafter nach Damaskus schicken

Das Auswärtige Amt verweist in seinem aktuellen Syrien-Lagebericht nach Angaben des Sprechers auf Kampfhandlungen sowie glaubwürdige Berichte über teils schwere und willkürliche Menschenrechtsverletzungen hin. Die Lageberichte werden für die Verwendung in Behörden und Gerichte erstellt.

Im Fall eines kurdischen Syrers aus der Provinz Hasaka hat Oberverwaltungsgericht in Münster kürzlich festgehalten, dass in Syrien für Zivilisten "keine ernsthafte, individuelle Bedrohung ihres Lebens oder ihrer körperlichen Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts" mehr bestehe. Italien hat angekündigt, es wolle nach mehr als einem Jahrzehnt wieder einen Botschafter nach Damaskus schicken.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will islamistische "Gefährder" und Schwerstverbrecher künftig auch wieder nach Afghanistan und Syrien abschieben. Da die Bundesregierung weder zur Regierung in Damaskus noch zu den Taliban-Herrschern in Afghanistan diplomatische Beziehungen unterhält, wird überlegt, solche Rückführungen über Nachbarländer zu organisieren. Das Bundesinnenministerium teilte mit, man befinde sich dazu in vertraulichen Gesprächen.  © dpa

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