Berlin (dpa/lnw) - Die Bundesdruckerei prüft nach Ministeriumsangaben einen direkten Versand neuer Ausweisdokumente an die Bürgerinnen und Bürger.
Das Bundesinnenministerium habe die Bundesdruckerei GmbH gebeten, die Möglichkeiten einer postalischen Zustellung von Reisepässen, Personalausweisen und elektronischen Aufenthaltstiteln direkt zur Meldeanschrift der antragstellenden Person zu prüfen und ein Angebot vorzulegen, sagte eine Sprecherin des Ministeriums der Deutschen Presse-Agentur. Dann müssten Bürger künftig nur noch fürs Beantragen von Pässen aufs Amt.
Der Städtetag NRW begrüßt diesen bereits seit langem geforderten Schritt und dringt auf eine rasche Umsetzung. "Das spart die Abholung beim Amt ein und entlastet damit die Verwaltung und die Bürger gleichermaßen", sagte Geschäftsführer Helmut Dedy der Deutschen Presse-Agentur. Dann könnten deutlich mehr Anträge bearbeitet werden. Diese Forderung der Städte müsse endlich umgesetzt werden.
Das Bundesinnenministerium nannte noch keinen Zeitpunkt, wann eine solche Umstellung erfolgen könnte. Sobald ein solches Angebot vorliege und zu einer möglichen rechtlichen und tatsächlichen Umsetzung ein Zeitplan erstellt sei, würden die Bundesländer und die Öffentlichkeit informiert, erläuterte die Ministeriumssprecherin. Die Länder seien für die örtlichen Pass- und Ausweisbehörden zuständig.
Das von der Bundesdruckerei vorzulegende Angebot solle auf Basis des öffentlichen Leistungs- und Preisrechts kalkuliert werden. Die Ministeriumssprecherin nannte dabei das Stichwort Selbstkostenpreis.
Wenige Wochen vor dem Beginn der diesjährigen Sommerferien wollen außergewöhnlich viele Bundesbürgerinnen und -bürger einen neuen Reisepass bekommen. Das Bundesinnenministerium berichtet von einem sehr hohen Bestellaufkommen an Pässen. Das sei vor allem auf die Lockerung der coronabedingten Pandemie-Beschränkungen zurückzuführen, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums der Deutschen Presse-Agentur.
Als weiteren Grund nannte er, dass für Reisen nach Großbritannien seit 2021 kein Personalausweis mehr akzeptiert werde. "Zudem ist aufgrund der Wiedervereinigung 1990 alle zehn Jahre mit einer vermehrten Passbeantragung zu rechnen", fügte der Sprecher hinzu. Diese bereits in den Jahren 2020 und 2021 vermutete "Antragswelle" habe sich anscheinend coronabedingt in das Jahr 2022 verschoben.
Die höhere Nachfrage führt nach Zahlen des Ministeriums auch zu längeren Wartezeiten: Die durchschnittliche Produktionszeit von Pässen sei von 10,1 Werktagen im Januar 2022 auf 18 Werktage im April 2022 gestiegen. Darin seien neben der Produktion auch der Versand und die Postlaufzeiten berücksichtigt. Vor der Pandemie betrug sie laut den Angaben bei regulären Passbestellungen 9,4 bis 10 Werktage. Darüber hinaus benötigten die Abläufe in den Kommunalbehörden Zeit.
Der Ministeriumssprecher geht davon aus, dass spätestens nach den Sommerferien die Antragszahlen bei den Reisepässen zurückgehen werden und damit die durchschnittliche Produktionszeit geringfügig sinken könnte. Auch bei den Express-Bestellverfahren für Pässe habe die Nachfrage stark zugenommen. Reisepässe im Express-Bestellverfahren seien zu über 99 Prozent innerhalb von drei Werktagen abholbereit.
Der Städtetag NRW appelliert an die Bürgerinnen und Bürger, möglichst früh Anträge zu stellen. Nach dem Auslaufen der Corona-Beschränkungen sei die Termin-Nachfrage in vielen Städten besonders hoch. "Corona hat dafür gesorgt, dass viele Menschen ihre Ausweispapiere nicht rechtzeitig neu beantragen wollten oder konnten", schilderte Dedy. In einigen Städten habe sich die Zahl der über 16-Jährigen ohne gültiges Ausweisdokument nach Einschätzung des Städtetages NRW verdreifacht.
Dieser Berg an nachgeholten und noch nachzuholenden Anträgen müsse jetzt abgearbeitet werden, zusätzlich zu der saisonal erhöhten Nachfrage nach Reisedokumenten. Bereits im Vorjahr seien kurzfristig zusätzliche Meldeämter befristet eingerichtet, Öffnungszeiten ausgeweitet, die Terminvergabe und Prozesse optimiert worden. Vieles davon werde es auch jetzt wieder geben, erklärte der Städtetag NRW.
So sind in Köln nach Angaben der Stadt Termine in den Kundenzentren sowie zusätzlich in einer temporären Ausweis- und Meldestelle zu bekommen. In Bonn sind Termine für Reisepässe laut Stadt derzeit innerhalb von zwei bis drei Wochen verfügbar. "Die Bewältigung der Corona-Pandemie und die große Zahl von Geflüchteten aus der Ukraine stellt das Dienstleistungszentrum noch immer vor eine große Herausforderung", sagte eine Sprecherin. Für "Notfallkunden" bei kurzfristig anstehenden Reisen würden individuelle Lösungen gefunden.
Düsseldorf setzt zusätzliches Personal und Nachwuchskräfte ein, um kurzfristig mehr Termine bereitstellen zu können. Die täglich online neu eingestellten Termine seien sehr schnell vergriffen, erläuterte ein Sprecher. Darüber seien Bürgerinnen und Bürger derzeit unzufrieden. Nachdem in den Corona-Jahren 2020 und 2021 deutlich weniger Reisepässe beantragt worden seien, gebe es jetzt eine Steigerung um 66 Prozent.
In Bielefeld bewegt sich die Zahl der Reisepassanträge laut Stadt im üblichen Rahmen. Die Terminsituation sei unproblematisch. Auch in Dortmund ist nach den Worten eines Sprechers "alles noch im Rahmen". Ein "Peak" sei vor jeder Urlaubssaison da. "Die Bürgerdienste der Stadt Dortmund sind darauf aber vorbereitet", betonte er.
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