Die Sache mit dem Doktortitel schwebte monatelang wie ein Damoklesschwert über ihr. Am Mittwoch kam für Familienministerin Franziska Giffey (SPD) die erlösende Antwort. Sie darf ihn behalten.
Die frohe Botschaft übermittelt die FU Berlin Frau Dr. Giffey irgendwann im Laufe des Tages. Später am Mittwochabend verschickt die Freie Universität dann per Pressemitteilung, wie sie sich entschieden hat. Franziska Giffey wird gerügt für ihre Doktorarbeit, darf den Titel aber behalten. Nicht nur die Ministerin kann aufatmen. Auch die Bundesregierung: Quälend lange Monate des Wartens gehen zu Ende und jetzt muss auch keine Nachfolgerin gefunden werden, denn der Ernstfall ist nicht eingetreten. Giffey hatte klipp und klar gesagt, dass sie zurücktreten würde, sollte ihr der Titel aberkannt werden.
Die FU hatte seit Februar ihre Doktorarbeit geprüft, nachdem Plagiatsjäger der Website "VroniPlag" auf Unregelmäßigkeiten darin hingewiesen hatten. Im Kern ging es um die Frage, ob die Autorin Textpassagen anderswo abgeschrieben und das als eigene Arbeit verkauft habe. Giffey selbst hatte immer beteuert, die Arbeit mit dem Titel «Europas Weg zum Bürger – Die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft» nach bestem Wissen und Gewissen verfasst zu haben. Und wenn man sie darauf ansprach, wie das denn alles ausgehen würde, war die Antwort immer gleich: Ein Schulterzucken und der Satz "Ich bin genauso schlau wie Sie!"
Mängel in der Doktorarbeit festgestellt
Ja, es gebe Mängel in der Doktorarbeit, teilte die FU nun mit, aber es habe trotzdem nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden können, "dass es sich bei der Dissertation von Frau Dr. Giffey um eine eigenständige wissenschaftliche Leistung handelt". Im "Gesamtbil" sieht die Uni keinen Grund, der Ministerin den Titel zu entziehen. "Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit" gibt es allerdings eine Rüge. Konkrete Auswirkungen hat das nicht.
Wegen der Geschichte mit dem Doktortitel hatte Giffey im August ihrer Partei der SPD einen Korb gegeben, die damals händeringend Kandidaten für den Vorsitz suchte. Sie wolle die Partei und die Kandidatensuche nicht belasten mit diesem schwebenden Verfahren. Dabei war kaum ein Name für den SPD-Vorsitz vorher so häufig gefallen wie ihrer. Gilt Giffey doch als Verkörperung von Herzlichkeit und Bürgernähe. Das wird immer wieder deutlich, wenn die frühere Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Neukölln mit Menschen auf der Straße ins Gespräch kommt. Sie kann Leute mit ihrer fröhlichen Art schnell für sich einnehmen.
Das Bild von der volksnahen Kümmer-Frau hat sich immer wieder eingeprägt, etwa als sie in einer Berliner Kita inmitten einer Kindergruppe vergangenes Jahr das sogenannte "Gute-Kita-Gesetz" vorstellte, ihr bisher populärstes Projekt. 5,5 Milliarden Euro des Bundes für die Kitas. Das Projekt kann sie nun weiterführen: Am Donnerstag steht in Mainz in ihrem Beisein die Unterzeichnung des entsprechenden Vertrags mit Rheinland-Pfalz auf dem Plan. Damit die Milliarden vom Bund fließen können, muss mit jedem Bundesland ein solcher Extra-Vertrag geschlossen werden. Bei diesem Termin dürfte das Lächeln im Gesicht der 41-Jährigen Familienministerin noch ein bisschen breiter sein als sonst.
Weitere Möglichkeiten für Geffey?
Die Kandidatensuche der SPD ist inzwischen zwar ohne sie weitergegangen - nach einem ersten Mitgliederentscheid stehen sich die Duos Klara Geywitz/Olaf Scholz und Saskia Esken/Norbert Walter-Borjans gegenüber. Aber nun, da die Doktorfrage für Giffey glücklich geklärt ist, tun sich vielleicht doch noch einmal Möglichkeiten auf - sofern sie das will. In der Talkshow bei Anne Will hatte sie vor ein paar Monaten - auf die Frage nach dem SPD-Vorsitz angesprochen - auch darauf verwiesen, dass sie einen neunjährigen Sohn habe. Eine spontane Kandidatur auf dem SPD-Parteitag Anfang Dezember wäre rechtlich aber immer noch möglich.
(dpa/fra)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.