Über ein Viertel der Deutschen würde Ausländer am liebsten in ihre Herkunftsländer zurückschicken, falls Arbeitsplätze hierzulande knapp werden sollten. Das zeigt eine Studie der Universität Leipzig. Wer für sie ein "Ausländer" ist, wurden die Teilnehmer nicht gefragt.
Ausländerfeindliche Einstellungen werden in Deutschland zunehmend salonfähig. Laut einer Studie der Universität Leipzig vertritt inzwischen fast jeder dritte Bürger dieses Landes solche Positionen.
Im Osten stimmt fast jeder Zweite (47,1 Prozent) Aussagen wie "Ausländer nutzen den Sozialstaat aus" zu.
Eine klar rechtsextreme Weltsicht haben aktuell sechs Prozent der Bundesbürger. Das ist zwar ein höherer Wert als bei Umfragen in den vergangenen vier Jahre.
Er liegt aber immer noch deutlich unter dem Anteil von 9,7 Prozent, der bei der ersten Befragung im Jahr 2002 erreicht worden war.
Während antisemitische Einstellungen im Vergleich zu 2016 leicht zurückgegangen seien, habe sich vor allem die Abwertung von Muslimen sowie von Sinti und Roma in der Gesellschaft verfestigt, stellen die Autoren der repräsentativen Studie "Flucht ins Autoritäre" fest, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.
Unterschiedlich starke Angst vor "Überfremdung"
Demnach stimmt inzwischen bundesweit mehr als die Hälfte der Bevölkerung (55 Prozent) der Aussage zu "Durch die vielen Muslime hier fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land".
Als die Forscher diese Frage zwei Jahre zuvor gestellt hatten, lag die Zustimmung zu diesem Satz bei 50 Prozent. 2014 waren es 43 Prozent.
Die Teilnehmer der Studie waren auch nach ihrer Wahlpräferenz gefragt worden. Dabei zeigte sich: 55 Prozent der Menschen, die sagten, sie würden die AfD wählen, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre, äußerten sich ausländerfeindlich.
Unter denjenigen, die CDU, CSU und SPD wählen würden, waren demnach 22 Prozent Ausländerfeinde. Für die Wähler der FDP ermittelten die Forscher einen Wert von 18 Prozent. Bei den Anhängern von Linkspartei (15 Prozent) und Grünen (11 Prozent) waren es deutlich weniger.
Brähler sagte, insgesamt lasse sich beobachten, je weniger Ausländer in einer Region lebten, desto stärker seien die "Überfremdungsängste" in dem Gebiet.
Eine Ausnahme bilde hier nur Bayern, wo relativ viele Menschen mit Migrationshintergrund leben und solche Ängste auch vorhanden seien.
AfD-Sympathisanten am stärksten für "rechtsautoritäre Diktatur"
Starke Unterschiede zwischen den Wählern der AfD und den Anhänger der anderen im Bundestag vertretenen Parteien stellten die Studienleiter Oliver Decker und Elmar Brähler auch in anderen Punkten fest.
Laut Studie befürworteten 13,1 Prozent der Befragten, die bei der "Wahlpräferenz" die AfD nannten, eine rechtsautoritäre Diktatur.
Zum Vergleich: Unter den Wählern der Unionsparteien äußerten 2,3 Prozent derartige Ansichten, bei den FDP-Anhängern waren es 4,3 Prozent. Bei den Parteigängern von Linke, Grünen und SPD lag der Anteil jeweils unter zwei Prozent.
Als Befürworter einer "rechtsautoritären Diktatur" im Sinne der Studie gilt, wer Aussagen wie "im nationalen Interesse ist unter bestimmten Umständen die Diktatur die bessere Staatsform" oder "Was Deutschland jetzt braucht ist eine einzige Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert" richtig findet.
Große Differenzen zwischen Ost und West entdeckten die Forscher, als sie nach Einstellungen fragten, die sich unter dem Begriff "Sozialdarwinismus" zusammenfassen lassen.
So stimmten neun Prozent der Westdeutschen der Aussage "Es gibt wertvolles und unwertes Leben" zu. Auf dem Gebiet der Ex-DDR vertraten 14,5 Prozent der Befragten diese Ansicht.
Immerhin eine wirklich gute Nachricht hat die Studie aus Sicht der Autoren zu bieten: Im Osten ist die Zufriedenheit der Menschen mit dem Funktionieren der Demokratie von 27,3 Prozent im Jahr 2006 auf inzwischen 46,9 Prozent angestiegen.
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