Als erster EU-Außenminister ist Heiko Maas zu Gast beim brasilianischen Präsidenten Bolsonaro. Der wegen seiner radikalen Ansichten auch als "Tropen-Trump" bezeichnete Politiker zeigt sich überraschend gesprächsbereit - selbst in Sachen Klimawandel.

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Trotz Differenzen in Menschenrechtsfragen oder beim Umwelt- und Klimaschutz wollen Deutschland und Brasilien ihre Zusammenarbeit weiter ausbauen. "Bei uns gibt es die Bereitschaft zum Dialog und zur Weiterentwicklung der Beziehungen", sagte Außenminister Heiko Maas am Dienstag nach seinem Treffen mit dem rechtskonservativen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro in Brasilia. Dies müsse aber auf der Basis der Werte Demokratie, Freiheit, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit geschehen.

Maas war der erste EU-Außenminister, der den Rechtspopulisten nach dessen Amtsantritt am 1. Januar traf. "Es ist sinnvoll hierherzukommen und nicht nur aus der Ferne den Kopf zu schütteln", sagte der Außenminister.

Bolsonaro hatte im Wahlkampf mit dem Slogan "Brasilien über alles, Gott über allen" geworben und mit Hassreden gegen Homosexuelle, Frauen und Schwarze schockiert. Außerdem machte er deutlich, dass Klima- und Umweltschutz nicht zu seinen Prioritäten zählen. Er kündigte an, keine neuen Schutzgebiete für den Regenwald im Amazonasgebiet ausweisen und weitere Rodungen zulassen.

"Die Welt braucht ein Brasilien, das sich einbringt"

Maas betonte nach dem Gespräch mit Bolsonaro, es dürfe "keine zusätzlichen Irritationen" geben. Brasilien müsse auf der internationalen Bühne vertrauenswürdig sein. "Das hat der Präsident selbst auch so gesehen", betonte Maas aber auch. Sein Gespräch mit Bolsonaro wurde anschließend als offen und konstruktiv beschrieben.

Maas traf auch den brasilianischen Außenminister Ernesto Araujo. "Die Welt braucht ein Brasilien, das sich einbringt", sagte der Bundesaußenminister anschließend. Araujo bekannte sich überraschend deutlich zum Multilateralismus, der auf internationalen Verträgen und Institutionen basierenden Weltordnung. "Wir müssen uns für die gemeinsamen Werte einsetzen wie Demokratie, Freiheit und Menschenrechte", sagte er.

Die beiden einigten sich auf eine gemeinsame Erklärung, die einen Ausbau der Beziehungen in den Bereichen Sicherheit, Wirtschaft und Kultur vorsieht. Zur Abholzung der Regenwälder zur landwirtschaftlichen Nutzung heißt es in dem 15 Punkte umfassenden Papier: "Die Minister bekundeten ihre Entschlossenheit, den durch die Entwaldung verursachten Herausforderungen und ihren Auswirkungen auf das Klima entgegen zu treten."

Deutschland und Brasilien haben 2008 eine strategische Partnerschaft vereinbart. 2015 gab es erstmals gemeinsame Regierungskonsultationen, die aber wegen der innenpolitischen Spannungen in Brasilien 2017 auf Eis gelegt wurden.

Auch der Machtkampf in Venezuela war Thema

Araujo signalisierte in dem Gespräch mit Maas die Bereitschaft, die Konsultationen wiederaufzunehmen. Maas sagte dazu, er werde innerhalb der Bundesregierung darüber beraten, "wann der geeignete Zeitpunkt sein kann".

Thema war auch der venezolanische Machtkampf zwischen dem selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó und Staatschef Nicolás Maduroin. "Wir wollen nicht, dass es eine Entwicklung gibt, in der die Waffen sprechen", sagte Maas nach dem Treffen mit Bolsonaro. "Jetzt wird es erst einmal darum gehen, verantwortungsvoll zu handeln. Wir wollen das nicht militärisch lösen, sondern politisch. Nur das ist wirklich nachhaltig. Dazu können alle ihren Beitrag liefern." Die Unterstützung der Bundesregierung für Guaidó habe sich in keiner Weise geändert.

In Venezuela hatten Soldaten auf der Seite Guaidós am Dienstag den Oppositionsführer Leopoldo López aus dem Hausarrest befreit. Der Interimspräsident zeigte sich mit López und den Soldaten. Seine "Operation Freiheit" gehe jetzt in die entscheidende Phase, sagte er.

Der brasilianische Außenminister Araujo sagte Guaidó ebenfalls Unterstützung zu. "Wir setzen uns für Demokratie und Freiheit in Venezuela ein und deswegen unterstützen wir den Präsidenten Juan Guaidó", sagte er laut offizieller Übersetzung. "Es ist möglich, dass einige Vertreter der Streitkräfte Juan Guaidó anerkennen. Dann wird Brasilien dieses Projekt des demokratischen Übergangs unterstützen." (dpa/best)

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