Wer ist der Mann, der Donald Trump zum Wüten und Schäumen bringt und dessen Verhalten mit dem eines "Mafiabosses" vergleicht? Adam Schiff, Vorsitzender des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, befindet sich auf historischer Mission.

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Er kämpft einen Kampf für die Geschichtsbücher. Er kämpft gegen den US-Präsidenten. Adam Schiff, früherer Staatsanwalt und Vorsitzender des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, hat in der Ukraine-Affäre die Leitung der Untersuchung übernommen, die wahrscheinlich in ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump münden wird. Und Trump versucht bereits jetzt, den Demokraten mit brutalen rhetorischen Attacken zu diskreditieren.

Trump geht dabei sogar so weit, Schiff des Landesverrats zu verdächtigen. Wütend verlangt er den Rücktritt des Ausschussvorsitzenden. Und nicht nur das: Der Präsident hat sogar angedeutet, dass Schiff es seiner Meinung nach verdient hat, hinter Gitter gesteckt zu werden. "Festnahme wegen Landesverrats?", twitterte er über Schiff.

Schiff: Trump spricht "wie ein Mafiaboss"

Von dem Abgeordneten ist darauf keine donnernde Replik zu erwarten. Er ist ein Mann, der in gemessenen Worten zu sprechen pflegt und seine Emotionen selten durchscheinen lässt – also auch charakterlich ein Gegenpol zu Trump.

Umso beißender wirkten daher die ungewöhnlich drastischen Worte, mit denen Schiff vor einigen Tagen das im Zentrum der Ukraine-Affäre stehende Telefonat zwischen Trump und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj beschrieb. Trump spreche darin "wie ein Mafiaboss", sagte er.

In dem Gespräch hatte Trump auf ukrainische Ermittlungen gegen den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden und dessen Sohn gedrungen. Hunter Biden arbeitete früher für ein ukrainisches Gasunternehmen. Trump verdächtigt ohne irgendwelche Belege den Vater, in seinem einstigen Amt als US-Vizepräsident seinen Sohn vor Korruptionsermittlungen in der Ukraine geschützt zu haben.

Da Biden zu den Favoriten für die Kandidatur gegen Trump 2020 gehört, steht Trump unter Verdacht, sein Amt für die versuchte Beschaffung von Wahlkampfmaterial aus dem Ausland missbraucht zu haben.

Ohne Schiff wäre der Vorfall vielleicht sogar unter den Tisch gefallen. Er war es, der die Whistleblower-Beschwerde über Trump publik machte. Den Gesetzen widersprechend wollte das Weiße Haus die anonyme Beschuldigung zunächst nicht an Schiffs Geheimdienstausschuss überweisen.

Inzwischen untersuchen sechs Ausschüsse des von den Demokraten dominierten Repräsentantenhauses den Verdacht gegen Trump. Federführend ist dabei der von Schiff geleitete Geheimdienstausschuss.

Bundesanwalt Schiff brachte FBI-Spion hinter Gitter

Der 59-Jährige wird von Nancy Pelosi, der Chefin der Demokraten im Repräsentantenhaus, als "besonnen" und zugleich "energisch" gelobt. Statt des eigentlich für ein Impeachment-Verfahren zuständigen Justizausschusses bestimmte Pelosi den Geheimdienstausschuss unter Schiffs Vorsitz zum federführenden Organ. Auch Schiffs Erfahrung als Strafverfolger dürfte ihm bei der brisanten Aufgabe helfen.

Der Sohn eines Holzhändlers machte den Jura-Abschluss an der Eliteschmiede Harvard und arbeitete dann als Bundesanwalt in Los Angeles. Dort erwarb er sich schon früh in seiner Laufbahn größere Meriten, als er einen FBI-Mann erfolgreich wegen Spionage für die damalige UdSSR hinter Gitter brachte.

Bekanntheit durch Russland-Ermittlungen

Einige Jahre später wechselte Schiff in die Politik. 1996 wurde er in den Senat von Kalifornien gewählt, vier Jahre danach ins Repräsentantenhaus in Washington. In Trumps erster Amtshälfte stieg sein Bekanntheitsgrad, als er als Obmann der Demokraten im Geheimdienstausschuss den Russland-Kontakten des Trump-Teams nachspürte - allerdings ohne durchschlagenden Erfolg.

Den Ausschussvorsitz übernahm Schiff dann zu Beginn dieses Jahres, nachdem die Demokraten bei der Kongresswahl 2018 die Mehrheit im Repräsentantenhaus erobert hatten.

Er verfügt damit über eine erhebliche Machtfülle. Schiff kann sogenannte Subpoenas ausstellen, also in rechtlich verbindlicher Form Zeugen vorladen und Dokumente anfordern. Im Zuge der Ukraine-Untersuchung hat er damit bereits begonnen.

Schiff plant Impeachment gegen Trump

Schon bevor die Untersuchung voll im Gange ist, zieht Schiff allerdings bereits klare Schlüsse: Das veröffentlichte Protokoll des Trump-Selenskyj-Telefonats liefere in höchstem Maße "belastendes" Material über den Präsidenten. Trump habe einen ausländischen Staatschef dazu bringen wollen, sich in die US-Wahlen einzumischen.

Bei der Vorstellung des Gesprächsprotokolls beging Schiff allerdings einen Fehler: Er las nicht die wörtliche Abschrift vor, sondern fasste das Gespräch knapp und teilweise verzerrt mit eigenen Worten zusammen. Das trug ihm sogar Kritik aus den eigenen Reihen ein, Trump nutzte die Steilvorlage und forderte die eingangs erwähnte Festnahme wegen angeblichen Landesverrats.

Schiff steuert dennoch zielstrebig auf eine Anklageerhebung im Repräsentantenhaus – das sogenannte Impeachment – gegen Trump zu. Zwar bestehen kaum Aussichten, dass das Impeachment tatsächlich zur Absetzung Trumps führt. Denn die Entscheidung über dessen Schicksal liegt nicht beim Repräsentantenhaus, sondern beim von Trumps Republikanern beherrschten Senat.

Doch schon das Impeachment würde Trump sicherlich als Schmach empfinden – und für Schiff wäre es zumindest ein Teilerfolg in dem historischen Kampf. (hub/afp)

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