US-Präsident Trump gerät in der Ukraine-Affäre mehr und mehr in Bedrängnis. Die Demokraten im Repräsentantenhaus treiben ihre Untersuchungen für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren dennoch unbeirrt voran. Sie fordern unter Strafandrohung Dokumente an und laden hochrangige Diplomaten zu Anhörungen vor. Einer von ihnen, der US-Sondergesandte für die Ukraine, Kurt Volker, trat daraufhin zurück.
In der Ukraine-Affäre nehmen die Untersuchungen der Demokraten im US-Repräsentantenhaus für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren von US-Präsident
Die Vorsitzenden von drei Ausschüssen im Repräsentantenhaus forderten Außenminister Mike Pompeo am Freitag (Ortszeit) unter Strafandrohung zur Vorlage von Dokumenten bis zum Freitag kommender Woche auf. Sie kritisierten, Pompeo habe bereits zwei Fristen verstreichen lassen.
US-Sondergesandter für Ukraine tritt zurück
In einem weiteren Schreiben an Pompeo luden die Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses sowie des Geheimdienst- und des Kontrollausschusses fünf Diplomaten des Außenministeriums vor, darunter den Sondergesandten für die Ukraine, Kurt Volker.
Der US-Sender CNN und die "New York Times" berichteten am Freitagabend übereinstimmend, Volker sei von seinem Amt zurückgetreten. Er soll am kommenden Donnerstag von den Ausschüssen angehört werden.
In den Schreiben vom Freitag hieß es, die drei Ausschüsse untersuchten, "in welchem Ausmaß Präsident Trump die Nationale Sicherheit gefährdet hat, indem er die Ukraine dazu drängte, sich in unsere Wahlen 2020 einzumischen".
Die jüngsten Entwicklungen hätten "beunruhigende Fragen" dazu aufgeworfen, inwieweit Vertreter des Außenministeriums daran beteiligt gewesen sein könnten.
Die Demokraten im Repräsentantenhaus hatten am Dienstag Vorbereitungen für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump angekündigt. Ihre Vorwürfe stützen sich vor allem auf die schriftliche Beschwerde eines anonymen Geheimdienstmitarbeiters, der Anschuldigungen gegen Trump und dessen Regierungszentrale erhebt.
Auf großen öffentlichen Druck hin waren die Schilderungen des Hinweisgebers am Donnerstag publik gemacht worden. In der Beschwerde des Whistleblowers wird auch Volker erwähnt, weshalb er kommende Woche vor den Ausschüssen aussagen soll.
Trump soll ausländische Einmischung bei US-Wahl erbeten haben
Im Zentrum der Vorwürfe steht ein umstrittenes Telefonat Trumps mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj Ende Juli, in dem der US-Präsident seinen Amtskollegen zu Ermittlungen ermunterte, die seinem politischen Rivalen
Dabei geht es um frühere Geschäfte von Bidens Sohn Hunter in der Ukraine und angebliche Bemühungen, seinen Sprössling vor der ukrainischen Justiz zu schützen. Biden liegt im Rennen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur für die Wahl 2020 vorne.
Im Rahmen seiner Arbeit will der Whistleblower Informationen mehrerer Regierungsmitarbeiter erhalten haben, wonach der US-Präsident "die Macht seines Amtes nutzt", um zu erreichen, dass sich ein anderes Land zu seinen Gunsten in die US-Wahl 2020 einmischt. Der Republikaner Trump weist alle Vorwürfe zurück.
Der Whistleblower beschuldigte das Weiße Haus mit Blick auf das Ukraine-Telefonat auch der Vertuschung: Führende Regierungsmitarbeiter hätten sich bemüht, die genaue Wortlautfassung des Gesprächs unter der Decke zu halten.
Wie üblich sei ein elektronisches Wortlaut-Protokoll angefertigt worden - dies sei nach dem Gespräch auf Anweisung von Juristen aus dem Weißen Haus aber aus einer dafür gewöhnlich vorgesehenen Datenbank entfernt und stattdessen in einem besonders geschützten System abgelegt worden, wo normalerweise Staatsgeheimnisse gespeichert werden. Bislang wurde nur ein grobes Gesprächsprotokoll veröffentlicht.
Identität des Whistleblowers unbekannt
Die Identität des Hinweisgebers ist nicht öffentlich bekannt. Die "New York Times" berichtete, es solle sich um einen Mitarbeiter des Auslandsgeheimdiensts CIA handeln.
Trump stellte am Freitag erneut die Glaubwürdigkeit der Quelle infrage. In einer Serie von Tweets zu dem Thema schrieb der Präsident unter anderem, der "sogenannte Whistleblower" habe Informationen aus zweiter Hand verbreitet, die sich als unzutreffend herausgestellt hätten. Daher gebe es vielleicht gar keine Tippgeber
Sollte es undichte Stellen im Weißen Haus geben, will der US-Präsident diese aber aufspüren. "Ich will wissen, wer dem Whistleblower die Informationen gegeben hat", sagte Trump vor Mitarbeitern der US-Gesandtschaft bei den Vereinten Nationen in New York. Die betroffene Person sei fast "ein Spion" und mit solchen sei man in der Vergangenheit "ein bisschen anders" umgegangen als heute.
Das wurde als Einschüchterungsversuch gegen Tippgeber gewertet. Die Veranstaltung war eigentlich nicht öffentlich. Mehrere US-Medien verbreiteten am Freitag jedoch Audiomitschnitte von der Ansprache. Demokraten reagierten empört auf die Aussage des Präsidenten.
Kein genauer Zeitplan für weitere Untersuchung
Im Repräsentantenhaus laufen bereits seit Monaten in verschiedenen Ausschüssen diverse Untersuchungen gegen Trump und dessen Umfeld. Angesichts der Ukraine-Vorwürfe treiben die Demokraten nun Ermittlungen mit neuer Wucht voran, um ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Trump in Gang zu setzen.
"Der Whistleblower hat uns einen Fahrplan für unsere Untersuchung gegeben", sagte der Chef des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff.
Trump griff Schiff scharf an, warf ihm eine falsche Darstellung der Dinge vor und forderte erneut den Rücktritt des Ausschussvorsitzenden. Trump beschimpft Schiff regelmäßig und hatte bereits vor Monaten dessen Rückzug verlangt.
Für das weitere Prozedere gibt es keinen genauen Zeitplan. Mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus könnten die Demokraten ein sogenanntes Impeachment-Verfahren zwar anstrengen. Die Entscheidung über eine tatsächliche Amtsenthebung fiele aber im Senat, wo Trumps Republikaner die Mehrheit haben.
Die Aussichten auf Erfolg eines solchen Verfahrens sind daher gering. Bisher wurde noch kein US-Präsident durch ein Impeachment-Verfahren des Amtes enthoben. (jwo/dpa/afp)
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