Der Winter verschärft vielerorts die ohnehin angespannte Situation für viele Flüchtlinge. Zwar versuchen alle Bundesländer, sie in winterfesten Unterkünften unterzubringen. Bleiben die Flüchtlingszahlen aber auch im Winter hoch, wird eine Notunterbringung im Zelt auch nicht ausgeschlossen.
Zum meteorologischen Winteranfang am 1. Dezember lebten in Deutschland noch mehrere tausend Flüchtlinge in Zelten – das zeigt eine aktuelle Umfrage unseres Portals unter den Landesregierungen. Doch die Situation ist in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich.
Alle Bundesländer bemühen sich, die Flüchtlinge in winterfesten Behausungen unterzubringen – zumindest Frauen und Kinder. Vielerorts haben die Anstrengungen tatsächlich dazu geführt, dass alle Zelte abgebaut werden konnten – dank des Engagements der Länder, Kommunen, öffentlichen Trägern, Hilfsorganisationen, aber auch Privatmenschen. So stellt beispielsweise die Jugendherberge in Bremen im Winter die Hälfte ihrer Zimmer für Flüchtlingsfamilien zur Verfügung.
Länder ringen um winterfeste Asylunterkünfte
Seit dem vergangenen Wochenende stehen in Sachsen-Anhalt die Zelte in den Erstaufnahmeeinrichtungen leer. Auch in den Landeseinrichtungen von Nordrhein-Westfalen gibt es sie nicht mehr. Die große Mehrheit der Asylsuchenden werde laut Behörden in festen Bauten untergebracht, nur in Einzelfällen müsse man auf Leichtbauhallen ausweichen. Letztere werden auch noch zum Teil in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Baden-Württemberg verwendet.
Das Saarland, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen kommen ganz ohne Zelte aus. Das gilt auch für Berlin, hier wird jedoch immer wieder kritisiert, dass die Flüchtlinge vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) mitunter tagelang im Freien ausharren müssen. In Bayern soll es nur noch sehr vereinzelt Zelte für Flüchtlinge geben.
Wo es nicht mehr anders geht, wurden zumindest die Zelte so winterfest wie möglich gemacht - durch Heizungen, feste Böden, doppelte Wände und frostsichere Wasserleitungen. Aufgrund von Orkanwarnungen wurden Flüchtlinge in manchen Orten kurzfristig von Zelten in feste Unterkünfte verlegt.
Tausende Flüchtlinge schlafen derzeit noch in Zelten
In Niedersachsen und Rheinland-Pfalz leben derzeit noch rund 1.700 beziehungsweise 2.220 Asylsuchende in Zelten, teilen die zuständigen Ministerien mit. Diese seien winterfest und beheizt. In Hessen sind noch 3.300 Flüchtlinge darin untergebracht. Sachsen hält 3.155 solcher Unterkunftsplätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen bereit.
Die Zelte, in denen derzeit 1.400 Flüchtlinge in Bremen den Winteranfang erleben, sind zwar beheizt, aber nicht winterfest. In dem norddeutschen Bundesland wird sich zwar ebenfalls um deren Abbau bemüht, doch dies sei auch von dem Zuzug der Flüchtlinge abhängig. Der Winter in Bremen sei normalerweise recht mild. "Es ist also durchaus möglich, dass wir mit wetterfesten Zelten über den Winter kommen", meint der Sozialsenat.
Auch Brandenburg kann nach einem Bericht des rbb nicht ausschließen, dass im Winter Flüchtlinge im Zelt unterkommen müssen. Die Versorgung mit Winterkleidung stellt bundesweit dank der großen Spendenbereitschaft kaum ein Problem dar. Nur kleine Herrengrößen müssen teilweise gekauft werden, da sie öfter benötigt als gespendet werden.
Schlüsselfrage: Wie viele Flüchtlinge kommen im Winter?
Die meisten Landesvertreter äußern sich optimistisch, dass ausreichend winterfeste Unterkünfte zur Verfügung stehen. Das hängt aber auch davon ab, wie viele in den nächsten Monaten nach Deutschland kommen werden. In den vergangenen Jahren sanken die Flüchtlingszahlen in Europa im Winter immer deutlich ab.
In den Flüchtlingslagern in Syrien und den Nachbarregionen wie Libanon, Irak und Jordanien herrschen aber teils katastrophale Zustände. Im vergangenen Winter haben Stürme, Nässe und Kälte den Menschen dort schwer zugesetzt. Den Hilfsorganisationen fehlen die finanziellen Mittel, um die Flüchtlinge selbst mit dem Nötigsten wie Nahrungsmittel oder Heizöl zu versorgen. Viele sehen deswegen die Flucht nach Europa als letzte Rettung.
Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) rechnet auch zwischen November bis Februar mit bis zu 5.000 Neuankünften täglich. Das Hilfswerk befürchtet eine humanitäre Tragödie und ruft zur Unterstützung der Länder entlang der sogenannten Balkanroute auf. Insbesondere winterfeste Unterkünfte und Hilfspakete mit Decken und Kleidung würden benötigt.
"Die Lage ist dramatisch", sagte Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) im Interview mit der "Augsburger Allgemeinen" und forderte mehr Unterstützung für die Flüchtlingslager in der Krisenregion. "Damit können wir verhindern, dass sich die Flüchtlinge auf den Weg zu uns machen."
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