• Am Montagnachmittag erklärten die britischen Torys Rishi Sunak zum neuen Premierminister.
  • Zuvor hatte Boris Johnson erklärt zu verzichten und Penny Mordaunt ihre Kandidatur zurückgezogen.
  • Sunak war bereits unter Johnson Finanzminister.
Ein Porträt
Dieser Text enthält neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Lukas Weyell sowie ggf. von Expertinnen oder Experten. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Eine Sache haben Boris Johnson und sein Nachfolger Rishi Sunak bereits jetzt gemeinsam: Beide waren bei der berüchtigten Party, die Johnson letztlich das Amt gekostet hat.

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Als die Corona-Pandemie gerade am stärksten wütete, feierte der Premierminister weitgehend ungeniert und ungeschützt in der Downing Street. Auch Rishi Sunak war anwesend und kassierte daraufhin ein Bußgeld. Während Sunaks Wahlkampf um den Parteivorsitz und die Johnson-Nachfolge war das eines der Argumente, die Sunaks Gegner gegen ihn anführten.

Ein anderes war Sunaks Beteiligung am Sturz von Boris Johnson. Von Johnson überhaupt erst ins Amt des Finanzministers gehievt, trat Sunak zurück, als die Kritik am Premierminister zunahm - offiziell, weil die beiden unterschiedliche Vorstellungen von Wirtschaft gehabt hätten.

Kritiker sehen Sunaks Rücktritt hingegen als Todesstoß für den sowieso schon angeschlagenen Johnson. Manche werfen dem ehemaligen Finanzminister sogar ein Komplott vor. Angeblich soll Sunak die Webseite für seine Kampagne zur Wahl des Parteivorsitzenden bereits im vergangenen Jahr registriert haben. Der Sturz von Johnson wäre somit kalkuliert gewesen.

Multimillionär mit 20

Nötig hat der Sohn indischer Einwanderer die Arbeit in der Politik nicht. Rishi Sunaks Vermögen und das seiner Frau soll 700 Millionen Pfund betragen. Laut der Londoner "The Times" brachte Sunak es bereits in seinen 20ern zum Multimillionär, als Hedgefonds-Manager und Analyst.

Seine Karriere kommt nicht von ungefähr: Als Sohn eines Arztes und einer Apothekerin war er an der Eliteschule Winchester und studierte später in Oxford Philosophie, Politik und Geschichte. Bei einem Auslandsaufenthalt an der Universität Stanford in Kalifornien lernte Sunak seine spätere Ehefrau kennen, die indische Milliardärstochter Akshata Murty.

Während seines Wahlkampfes um den Parteivorsitz versuchte Sunak, sich als besonders volksnah und auf dem Boden geblieben zu inszenieren - für viele innerhalb seiner Partei reine Fassade. Dort gilt er als reicher Emporkömmling, wie auch schon Boris Johnson. Bis zu dessen Rücktritt wurden die beiden als enge Verbündete aus demselben Lager gesehen.

Auch Sunak hatte sich für den Brexit stark gemacht und rückte damit bereits unter Johnsons Vorgängerin Theresa May zum Junior-Minister auf. Während seines Wahlkampfs um den Parteivorsitz setzte sich Sunak für eine klimafreundlichere Politik ein. Ob er diesen Kurs als Parteivorsitzender und Premierminister beibehalten kann, ist unklar.

Kritik wird laut: Liz Truss soll nach 44 Tagen Amtszeit 115.000 Pfund pro Jahr erhalten

In der britischen Politik werden Stimmen laut, dass die zurückgetretene Premierministerin Liz Truss auf ihre Zulage von 115.000 Pfund pro Jahr, die die ehemaligen britischen Premierminister üblicherweise erhalten, verzichten soll. © ProSiebenSat.1

Plötzlich Premierminister

Viele, die Sunak nicht an der Spitze ihrer Partei sehen wollten, setzten auf Penny Mordaunt, zuletzt Außenhandelsstaatssekretärin. Diese zog nun jedoch ihre Kandidatur zurück, nachdem sie nicht genug Rückhalt bei den eigenen Abgeordneten gefunden hatte. Boris Johnson, den sich viele Briten als neuen alten Premierminister gewünscht hatten, erklärte überraschend, doch nicht zu kandidieren.

Damit ist Sunak, der im September in der Stichwahl gegen Liz Truss unterlegen war, Premierminister - ohne hierfür eine Wahl gewonnen zu haben und ohne Gegenkandidaten. Der Hindu mit indischen Wurzeln ist der erste britische Regierungschef, der einer ethnischen Minderheit angehört.

Zugutekommt ihm, dass er frühzeitig vor der Finanzreform gewarnt hatte, die seine Vorgängerin Liz Truss plante. Die Kurzzeit-Premierministerin hatte die Wirtschaft des Landes innerhalb weniger Wochen in eine eklatante Krise gestürzt. Sunaks Ablehnung der Reform hat sich im Nachhinein als richtig herausgestellt.

Nun gehe es darum, das Land mit "Integrität und Professionalität" durch die Krise zu führen, wie Sunak am Sonntag auf Twitter schrieb. Er wolle die Wirtschaft wieder in Ordnung bringen. Es wird sich zeigen, wie schnell er in der Lage ist, die Scherben von Monaten gescheiterter Regierungsarbeit wieder aufzukehren.

Verwendete Quellen:

  • Spiegel.de: Das müssen Sie über Rishi Sunak wissen
  • Spiegel.de: Ein Mann will nach oben
  • Theguardian.com: Rishi Sunak still carries Boris Johnson’s baggage
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