- Durch die Corona-Pandemie sind die Missstände im Pflegebereich stärker in den öffentlichen Fokus gerückt.
- Doch Angestellte klagen noch immer über Personalmangel und schlechte Arbeitsbedingungen.
- Bayerns Gesundheitsminister Holetschek sieht in den Problemen bei der Pflege das Potenzial für eine Katastrophe.
Der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Bayerns Gesundheitsminister
"Wenn wir die Abrechnungsmodalitäten an die erste Stelle setzen, es aber niemanden gibt, der sich um die Menschen kümmert, haben wir ein riesiges Problem", sagte der CSU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). "Aktuell laufen wir sehenden Auges in eine humanitäre Katastrophe."
Holetschek verwies auf den Personalmangel und die schwierigen Arbeitsbedingungen in der Pflege. "Bislang ist Gesundheitspolitik ehrlich gesagt vor allem ein Thema der Finanzminister - das müssen wir ändern", forderte er.
"Wir brauchen in der Gesundheitspolitik einen großen Wurf. Die Pflege ist am Limit." Die Gesellschaft müsse sich klar darüber werden, was ihr die Pflege wert sei. "Selbstverständlich müssen wir mehr Geld in die Hand nehmen. Das Thema wird auf jeden Einzelnen zukommen, zuhause oder im Altenheim."
Mangel an Pfleger könnte großes Problem für die Gesellschaft werden
Bei den Sondierungsgesprächen von SPD, FDP und Grünen auf Bundesebene sei ihm das Thema Pflege zu kurz gekommen. "Es wundert mich schon, wenn die Pflegenden Angehörigen in dem Sondierungs-Papier mit keinem Wort erwähnt werden", erklärte er am Samstag in München. Er setze sich für die Einführung eines Pflegezeitgeldes ein, das pflegenden Angehörigen zukommt.
Der Deutsche Pflegerat hatte am Mittwoch ein Einstiegsgehalt von 4.000 Euro brutto im Monat für Pflegefachkräfte aller Bereiche gefordert. Die Vorsitzende Christine Vogler erklärte, das Problem des Personalmangels komme aus ihrer Sicht für die Gesellschaft gleich nach der Klimakatastrophe.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) unterstützt die Forderungen nach besserer Bezahlung, verweist dabei aber auch auf die Verantwortung der Tarifpartner.
Holetschek erklärte dazu: "Bezahlung hilft, ist aber nicht das alles Entscheidende." Man brauche auch Wiedereinstiegsprogramme, so dass Pflegekräfte, die sich nach dem Abschied aus dem Job doch zur Rückkehr entschlössen, nicht automatisch in den Schichtbetrieb gezwungen würden.
Wichtig sei für Pflegekräfte auch Planbarkeit. "Es kann nicht sein, dass sie immer wieder aus ihrer Freizeit herausgeholt werden, weil auf den Stationen und in den Heimen Mangel herrscht. Dafür sollten Springer-Pools geschaffen werden, die bei Personalausfällen zur Verfügung stehen." (dpa/thp)
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