Bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen werden fast 30 Beamte verdächtigt, an rechtsextremen Chat-Gruppen beteiligt gewesen zu sein. Der Innenminister reagierte erschüttert - und kündigte ein ganzes Bündel an Maßnahmen an. Und dabei könnte sich der Fall noch ausweiten.

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Adolf Hitler, Hakenkreuze, Reichskriegsflaggen und ein Flüchtling in der Gaskammer: Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) und seine Mitarbeiter werden sehr deutlich bei der Bewertung dessen, was in fünf Chat-Gruppen von fast 30 nordrhein-westfälischen Polizisten entdeckt wurde.

Da hätten sich "Abgründe aufgetan", es sei "eine Schande" und treffe die Polizei "ins Mark", sagte Reul am Mittwoch in Düsseldorf.

Nun sind alle 29 Beamte vom Dienst suspendiert. Sie müssen Ausweise und Waffen abgeben, dürfen ihre Uniformen nicht mehr tragen und ihre Dienststellen nicht mehr betreten.

Zufall bringt Polizei-Skandal ans Licht

Es war eher ein Zufall, der den Skandal ans Licht brachte. Gegen einen 32-jährigen Polizisten war ermittelt worden, weil er Dienstgeheimnisse an einen Journalisten verraten haben soll.

Als die Ermittler sich sein Handy ansahen, stießen sie auf WhatsApp-Gruppen mit einem Sammelsurium neonazistischer, rassistischer, rechtsextremer Dateien. 14 Beamte, die als Absender auftauchen, sollen nun aus dem Polizeidienst entfernt werden.

15 Empfänger der braunen Post, die dazu schwiegen, müssen sich in Disziplinarverfahren verantworten. Gegen mehrere Beamte wird auch strafrechtlich ermittelt: wegen Verbreitung verfassungsfeindlicher Symbole und Volksverhetzung.

Fast alle Verdächtigen seien Polizistinnen und Polizisten in Mülheim/Ruhr, unter ihnen ist auch ein Dienstgruppenleiter. Bei einer großen Durchsuchungsaktion am Mittwoch wurden weitere, noch nicht ausgewertete Mobiltelefone sichergestellt. Sie bergen das Potenzial, dass sich der Fall noch deutlich ausweiten könnte.

Reul: "Werde alles tun, diese Menschen aus dem Dienst zu entfernen"

Reul kündigte eine Sonderinspektion für das Polizeipräsidium Essen an, zu dem Mülheim gehört. Dort ist der ehemalige Landeschef der Polizeigewerkschaft GdP, Frank Richter, Polizeipräsident - und seine Ehefrau Extremismusbeauftragte der Polizei.

Es habe keine Hinweise und keine Auffälligkeiten gegeben, beteuert Richter. So etwas habe bislang "außerhalb meiner Vorstellungskraft gelegen", bekannte er. Alle Geräte, auf denen der verfassungsfeindliche Inhalt gesichert wurde, seien Privatgeräte gewesen.

"Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, diese Menschen aus dem Dienst zu entfernen. Da darf es kein Mitleid, keine falsch verstandene Kameradschaft geben. Das dürfen die Verfassungsfeinde in unseren Reihen durchaus als Drohung empfinden", kündigte der Innenminister an.

Die auch für den sprachgewaltigen Reul ungewöhnlich martialischen Worte gelten etwaigen weiteren Mitläufern, die von ähnlichen Umtrieben wissen und sich bislang noch nicht offenbart haben. Nun sei es höchste Zeit für sie, ihren "falsch verstandenen Korpsgeist" aufzugeben.

Reul kündigt Bündel an Maßnahmen an

Nun sei auch klar, dass man es nicht nur mit Einzelfällen zu tun habe, sagte Reul. Er kündigte ein ganzes Bündel von Maßnahmen an.

Er berief einen Sonderbeauftragten für rechtsextremistische Tendenzen in der nordrhein-westfälischen Polizei: den bisherigen Vize-Chef des Verfassungsschutzes, Uwe Reichel-Offermann. Außerdem soll das Problem in einem Lagebild aufbereitet werden. Noch am Mittwoch habe er zudem alle Führungskräfte ins Ministerium gebeten.

Die Ermittler in eigener Sache wurden am Mittwoch in Duisburg, Essen, Moers, Mülheim und Oberhausen vorstellig. Hinweise dafür, dass die mutmaßlich rechtsextreme Gesinnung der Beamten auch in ihrem Verhalten als Polizisten sichtbar wurde, gebe es bislang nicht.

Eine der Chat-Gruppen sei wahrscheinlich bereits 2013 gegründet worden, spätestens im Mai 2015. Unter den betroffenen Beamten seien auch Frauen und welche mit Migrationshintergrund.

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(msc/dpa)

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