Joachim Sauer ist Kanzlergatte und seit mehr als 20 Jahren mit Bundeskanzlerin Angela Merkel verheiratet. Allgemeinhin gilt er als öffentlichkeitsscheu und als einer der besten Quantenforscher der Welt. Selbst mit 70 Jahren denkt er noch nicht an den Ruhestand. Das steckt hinter dem Mann an Merkels Seite.

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Ob die berufliche Lebensplanung Joachim Sauers etwas mit jener seiner Ehefrau zu tun hat, wird das Geheimnis der Kanzlerin und ihres Gatten bleiben. Doch selbst wenn Angela Merkel tatsächlich bis zum Ende der Amtszeit ihrer schwarz-roten Regierung im Jahr 2021 Regierungschefin bleiben sollte: Es ist nicht zu befürchten, dass es ihrem Ehemann bis dahin langweilig wird.

Denn auch nach seinem 70. Geburtstag am Freitag denkt der Quantenchemiker Sauer noch lange nicht an Ruhestand. Der Mann ist Wissenschaftler aus Leidenschaft.

Bis zum 30. November 2020 sei "Herr Prof. Sauer weiterhin als Senior Researcher am Institut für Chemie beschäftigt", teilt ein Sprecher der Berliner Humboldt-Universität auf Anfrage mit. Selbstverständlich besitzt der Wissenschaftler als Leiter einer Forschergruppe, die sich mit der Quantenchemie der Festkörper befasst, noch ein Büro im Stadtteil Adlershof.

Er sei weiterhin hochaktiv, heißt es in der Umgebung der Kanzlerin - doch so ganz genau ist man auch dort nicht darüber informiert, was Herr Sauer im Berufsleben so treibt. Privatsache eben.

Einer der besten Quantenforscher der Welt

Der 1949 in Hosena in der brandenburgischen Lausitz geborene Sauer ist mindestens genauso öffentlichkeitsscheu wie international erfolgreich. Selbst den ersten drei Vereidigungen seiner Ehefrau zur Kanzlerin im Bundestag bleibt er fern - erst bei der vierten und letzten Zeremonie dieser Art am 14. Februar 2018 ist Sauer dabei.

Und auch auf der Ehrentribüne packt ihn wohl die Arbeitswut: Immer wieder tippt er dort auf seinem Laptop und seinem Handy herum.

Seit Dezember 1998 sind die 64-jährige Merkel und Sauer verheiratet, jeweils in zweiter Ehe. Sauer hat zwei Söhne mit in die Ehe gebracht. Kennengelernt hat sich das Paar 1984 an der Ostberliner Akademie der Wissenschaften, Sauer betreute die junge Physikerin bei ihrer Doktorarbeit.

In der DDR-Zeit war die kritische Einstellung Sauers bekannt. Die Wohnung, die er mit seiner ersten Frau teilte, habe die Stasi verwanzt, hat Merkel-Biograf Gerd Langguth einst berichtet. Heute leben Merkel und Sauer in einer Altbauwohnung mitten in Berlin und entspannt in einem Wochenendhaus in der Uckermark.

Sauer zählt wohl immer noch zu den besten Quantenforschern der Welt, hat in Prag geforscht und nach dem Fall der Mauer in Kalifornien gearbeitet. Die Liste seiner Auszeichnungen ist lang, Sauer selbst führt in seinem Lebenslauf Mitgliedschaften in zahlreichen Akademien auf. Auch in der Royal Society ist er Mitglied, der 1660 gegründeten berühmten britischen Gelehrten-Gesellschaft.

Joachim Sauer geht immer seinen eigenen Weg

Der Humboldt-Universität in Berlin ist Sauer dennoch ein ganzes Forscherleben lang treu geblieben: Von 1967 bis 1972 absolviert er dort sein Chemiestudium, 1974 promoviert er, im Oktober 2017 wird er als Professor emeritiert. Danach arbeitet Sauer weiter, als "Senior Researcher".

Für ihn eine ideale Situation, wie er Ende 2017 der "Berliner Zeitung" in einem seiner seltenen Interviews verrät: "Ich kann weiter Forschung betreiben wie bisher, gebe aber bestimmte Pflichten ab." Er halte auch keine regelmäßigen Vorlesungen mehr: "So kann ich jetzt mehr reisen."

Vereinfacht gesagt beschäftigt sich Sauer in seinen Spezialfächern, der physikalischen Chemie und der Quantenmechanik, mit Katalysatoren, die etwa bei der Verarbeitung von Erdöl und Erdgas eine Rolle spielen. "Man kommt ohne Mathematik nicht aus. Das schreckt viele ab", sagte er der "Berliner Zeitung".

In den vergangenen 20 Jahren, in denen Merkel von der CDU-Generalsekretärin zur Langzeit-Kanzlerin und mächtigsten Frau der Welt aufsteigt, geht Sauer immer seinen eigenen Weg.

Als "First Husband" bevorzugt er die Rolle im Hintergrund, auch wenn er bei internationalen Gipfeln das Partnerprogramm bestreitet, mit dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush grillt und die Familie von dessen Nachfolger Barack Obama durch Berlin begleitet.

Eine Beziehung auf Augenhöhe

Auch als seine Frau die Reise zum G20-Gipfel der wichtigsten Wirtschaftsmächte in Argentinien Ende November 2018 wegen mehrerer gravierender technischer Probleme am Regierungs-Airbus abbrechen muss, ist Sauer mit an Bord.

Die Kanzlerin reist am nächsten Morgen ohne ihn per Linienflug zum Gipfeltreffen nach Buenos Aires - Sauer nimmt den Zug zurück nach Berlin.

Morgens macht er da am Brötchenbuffet im Hotel, in dem die Delegation gestrandet ist, aus seiner Abneigung gegenüber Journalisten keinen Hehl: Mit denen rede er grundsätzlich nicht, knurrt er einen Reporter an, der sich erkundigen will, wie es dem Kanzlerinnengatten geht.

Sauer könne sehr charmant sein, auch wenn er manchmal etwas ruppig wirke, heißt es in der Umgebung der Kanzlerin. Das Paar führe eine Beziehung auf Augenhöhe - wenn die Ehefrau so lange Kanzlerin sei, sei ein gesundes Selbstbewusstsein, wie es Sauer als erfolgreicher Wissenschaftler besitze, dabei durchaus hilfreich.

Gemeinsame Urlaube und Ausflüge

Merkel hatte bei einer Talkrunde vor Jahren einmal gesagt, natürlich spreche sie mit ihrem Mann über Politik. "Manchmal sagt er von selbst was." Und: "Die Tatsache, dass er dann was sagt, deutet darauf hin, dass ein Problem im Raum steht."

Im Wahlkampf hatte die Kanzlerin auch schon mal kalkuliert Kleinigkeiten wie die enthüllt, dass dem Gatten auf dem Kuchen immer zu wenig Streusel seien.

In bunten Blättern gibt es immer mal wieder Gerüchte über eine angeblich bevorstehende Trennung, doch sie werden auch immer wieder dementiert. Fotos dokumentieren gemeinsame Urlaube in Südtirol oder in Süditalien.

Regelmäßig wird das Paar, das klassische Musik liebt, in Berlin in der Oper gesichtet, gemeinsam besucht es die Bayreuther Festspiele. Sauer soll es auch gewesen sein, der Merkel zur "Wagnerianerin" gemacht hat.

Erst an diesem Mittwoch begleitet Sauer seine Ehefrau auf einem schweren Weg: Bei der Beerdigung ihrer Mutter Herlind Kasner, die am 6. April im Alter von 90 Jahren gestorben war. (ff/dpa)

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