Lange hat sie in der Debatte geschwiegen, nun stellte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen klar: Die Bundeswehr soll künftig Kampfdrohnen einsetzen können. Eine kluge Entscheidung? Was für den Einsatz von Kampfdrohnen spricht – und was dagegen.

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Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) stand vor einem Dilemma: Im nächsten Jahr läuft der Leasingvertrag für die Überwachungsdrohne "Heron 1" aus. Das unbewaffnete Modell hilft der Bundeswehr in Einsätzen seit 2010 bei der Aufklärung. Die Frage war, wie es nach dem Vertragsende weiter gehen sollte. Neu leasen? Kaufen? Und vor allem welches Modell? Die Bundewehrführung drängt schon länger auf die Anschaffung von Drohnen mit Feuerkraft.

Nach langem Zögern hat sich die Ministerin nun für die Beschaffung von Kampfdrohnen ausgesprochen – genauer für Drohnen, die im Ernstfall bewaffnet werden können. Darüber solle dann im konkreten Fall das Parlament entscheiden. Zunächst, so erklärte von der Leyen in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung", wolle man solche Drohnen leasen. Langfristig sei aber auch die Entwicklung einer eigenen europäischen Kampfdrohne nötig.

Nicht ohne Grund hat die Verteidigungsministerin so lange mit einer klaren Ansage gewartet: Das Thema ist extrem umstritten, auch in der Großen Koalition. Die SPD sieht keinen Bedarf für eine Anschaffung. Die Bundeswehr dagegen umso mehr. Ein Überblick über die wichtigsten Argumente.

Pro: Sicherheit für Soldaten

Das Hauptargument der Drohnen-Befürworter: Sie erhöhen die Sicherheit der Soldaten im Einsatz. In einer Expertenanhörung im Verteidigungsausschuss beriefen sich die Vertreter der Bundeswehr auf die Fürsorgepflicht des Staates: Der müsse dafür sorgen, dass die Soldaten so gut wie möglich geschützt und ausgerüstet seien – dazu gehöre auch der Einsatz von Kampfdrohnen.

Sie würden die Soldaten bei der Bekämpfung des Feindes am wenigsten gefährden. Im Gegensatz zu Hubschraubern oder Jagdbombern müssten die Drohnen nicht erst angefordert werden, sondern könnten die Soldaten begleiten und wenn nötig direkt eingreifen. Ein Zeitunterschied, der über Leben und Tod entscheiden könne.

Ein weiteres Argument der Befürworter: Kampfdrohnen sind längst nicht die ersten oder einzigen ferngesteuerten Waffen. Auch der Pilot eines Kampfjets klinkt seine Waffe kilometerweit vom eigentlichen Ziel entfernt aus; auch die Artillerie feuert auf mehrere Kilometer entfernte Ziele. Im Gegensatz zu diesen herkömmlichen Waffen, so die Befürworter, ermöglichen Drohnen es zudem, näher an das Ziel heranzukommen – und so präziser zuzuschlagen. Ungewollte Schäden könnten so eher verhindert werden.

Schließlich argumentieren die Befürworter, dass man die Debatte in Deutschland nicht vermengen dürfe mit dem, was in anderen Ländern passiert. Die Bundesregierung habe klargestellt, dass Drohnen nur im bewaffneten Konflikt zum Einsatz kommen dürften – nicht für gezielte Tötungsaktionen außerhalb, wie es die USA praktizieren. Im Verteidigungsausschuss stellten die Vertreter der Bundeswehr klar, dass es eindeutige Einsatzregeln gebe. An die habe sich die Bundeswehr immer gehalten und daran würde sich auch in Zukunft nichts ändern. Auch von der Leyen betonte, dass im Falle eines Kampfeinsatzes das Parlament auf den konkreten Fall bezogen über die Bewaffnung von Drohnen zum Schutz der Soldaten entscheiden müsse.

Contra: Trend zur Automatisierung

Viele Gegner von Kampfdrohnen haben das Vorgehen der USA im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet vor Augen, wo sie gezielt Menschen töten und auch immer wieder Zivilisten unter den Opfern sind. Es gibt die Befürchtung, dass die Anschaffung von bewaffneten Drohnen der erste Schritt dahin ist, auch wenn von der Gegenseite immer auf die eindeutigen Einsatzregeln hingewiesen wird. Andere argumentieren, dass gezielte Tötungen für Deutschland keine Option sei – und darum generell keine Kampfdrohnen benötigt würden. Die Sicherheit der Soldaten ließe sich auch anders ausreichend sicherstellen.

Ein weiteres Hauptargument der Kritiker betrifft den generellen Trend zur Automatisierung von Kampfeinsätzen. Diese wird aus zwei Gründen kritisch gesehen: Erstens, so die Befürchtung, sinkt die Hemmschwelle zum Töten, wenn die Soldaten lediglich über Bildschirm und Joystick tödliche Waffen steuern. Zweitens sei nicht absehbar, wohin die Entwicklung noch führe. Die Befürchtung: Die Drohnen sind der erste Schritt hin zu autonomen Systemen, bei denen der Mensch nicht mehr viel zu sagen hat. "Die Eigendynamik der technologischen Entwicklung birgt die Gefahr, dass der Mensch als moralischer Akteur abdankt, wenn über den Einsatz von Gewalt zu entscheiden ist", heißt es dazu zum Beispiel in einer Analyse der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Mit ihrer jetzigen Aussage schlittert von der Leyen geschickt zwischen beiden Positionen hindurch. Denn ausgesprochen hat sie sich erst einmal nur für Drohnen, die im Falle eines Kampfeinsatzes bewaffnet werden könnten. Wann und ob das geschieht, bleibt offen.

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