Fünfmal in Folge hat Russland im UN-Sicherheitsrat sein Veto gegen eine Syrien-Resolution eingelegt. Das Sterben geht somit ungehindert weiter, die UN mussten bislang tatenlos zusehen. Doch das soll sich nun ändern. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon arbeitet an einer Lösung, mit der Russland im Gremium ausmanövriert werden soll.

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"Sie alle wissen, was dort los ist - tragischerweise wissen Sie es sogar ganz genau. Die Frage ist: Was beabsichtigen Sie dagegen zu tun?" In einem außergewöhnlich dramatischen Appell hatte UN-Nothilfekoordinator Stephen O'Brien in dieser Woche die Mitglieder des Sicherheitsrates einmal mehr wegen des Krieges in Syrien in die Verantwortung genommen.

Alles Reden hilft nichts

Die erschütternde Rede O'Briens hatte zu einem Eklat im Gremium geführt, da Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin den britischen UN-Nothilfekoordinator als Märchenerzähler diskreditiert und brüsk erklärt hatte: "Wenn ich eine Predigt hören will, dann gehe ich in die Kirche."

Fünfmal gab es in den vergangenen fünf Jahren seit Kriegsbeginn den Versuch, im UN-Sicherheitsrat eine Resolution einzubringen, um das Sterben in Syrien, speziell in Aleppo, zu beenden. Fünfmal scheiterte der Versuch am Veto Russlands, das den Weltsicherheitsrat somit praktisch lähmt und handlungsunfähig macht.

Ein Umstand, über den auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die Fassung verlor: "Ich rufe Sie alle eindringlich dazu auf zu kooperieren, um ihrer gemeinsamen Verantwortung, Menschen zu schützen, nachzukommen", mahnte Ban vergangene Woche auf der 193. UN-Generalversammlung. "Ich bedauere, dass der Sicherheitsrat an seiner Verantwortung gescheitert ist, Friede und Sicherheit in Syrien zu wahren."

Eine unmissverständliche Kritik an die Adresse Russlands und erneute Aufforderung, die Blockade-Haltung im Sicherheitsrat aufzugeben. Doch die Reaktionen von Botschafter Tschurkin machen die Hoffnungen auf eine baldige Resolution zunichte. Aus diesem Grund soll Russland nun mit einem Trick ausmanövriert werden.

Die UN hat einen Notausgang

Schließlich verfügt die UNO um eine Art Notausgang, für den Fall, dass der Weg Richtung Frieden in die Sackgasse führt, weil durch das anhaltende Veto eines einzigen Mitgliedsstaates der Weltsicherheitsrat dauerhaft ausgebremst wird. Der Weg führt dabei um den Sicherheitsrat herum in die UN-Generalversammlung. Dort sind alle 193 Mitglieder der Vereinten Nationen vertreten. Ein Veto-Recht gibt es nicht.

Die Generalversammlung kann in einer Notstandssondersitzung sogenannte Empfehlungen für einen Konflikt abgeben. Eigentlich ist ihr die Einmischung in Angelegenheiten des Weltsicherheitsrates laut UN-Charta untersagt, doch der Korea-Krieg schuf 1950 einen Präzedenzfall. Damals hatte ebenfalls Russland ein Eingreifen gegen Aggressor Nordkorea per Veto im Sicherheitsrat verhindert. Die Generalversammlung umging die Blockade mit der Resolution 377 "United for Peace".

Darin gab man den Mitgliedern Handlungsempfehlungen zur Wahrung des Friedens in die Hand. Seitdem ist die UNO immer wieder auf diesen Umweg ausgewichen, wenn der Sicherheitsrat per Veto blockiert war - zuletzt etwa mit der Resolution "A/RES/68/262 - Territoriale Integrität der Ukraine", als Russland während der Krimkrise den Weltsicherheitsrat ebenfalls per Veto gelähmt hatte.

Kein stumpfes Schwert

Die Schwäche einer Resolution der Generalversammlung liegt darin, dass diese Aufforderung zu einem Waffenstillstand im Gegensatz zu den Beschlüssen des Sicherheitsrates nicht bindend ist.

Ein stumpfes Schwert, erklärt Politikexperte Professor Sven Gareis von der Universität Münster in der "Süddeutschen Zeitung", sei eine solche Resolution aber nicht. "Die Generalversammlung kann Ross und Reiter nennen und vor aller Welt erklären, dass die Hauptschuld an den Verbrechen bei Assad liegt." Dies sei ein moralischer Imperativ und mache die UN wieder handlungsfähig.

Und genau diesen Hebel will UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nun in Syrien ansetzen. Es überrascht nicht, dass sich Russland in Person von Botschafter Tschurkin bereits dagegenstemmt. Doch in diesem Fall dürften die UN am längeren Hebel sitzen.

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