• Sebastian Kurz ist als Bundeskanzler von Österreich zurückgetreten.
  • Der ÖVP-Politiker zieht damit Konsequenzen aus der Korruptions-Affäre. Nicht nur der Koalitionspartner hatte seinen Rücktritt gefordert, auch parteiintern war der Druck zuletzt groß.
  • Kurz' Nachfolger steht bereit: Außenminister Alexander Schallenberg.

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Mit dem Rücktritt von Sebastian Kurz (ÖVP) vom Amt des Bundeskanzlers ist die Regierungskrise in Österreich beendet. Die Grünen als Koalitionspartner der konservativen ÖVP erklärten, das Bündnis nun fortsetzen zu wollen. Sie hatten dem von Korruptionsvorwürfen schwer belasteten Kanzler mit einem Misstrauensvotum gedroht. Nachfolger von Kurz wird Außenminister Alexander Schallenberg.

Der 52-Jährige Schallenberg ist seit Jahren in Spitzenfunktionen für die Außenpolitik Österreichs mitverantwortlich. Der mehrsprachige, international erfahrene Diplomat vertritt in Fragen der Migration einen genauso harten Kurs wie Kurz. Für Sonntag haben Schallenberg und Kogler ein Vieraugengespräch vereinbart.

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Sebastian Kurz geht - und bleibt doch

Kurz selbst wechselt vom Kanzleramt ins Parlament auf den Sitz des Fraktionschefs der ÖVP. Außerdem bleibt er ÖVP-Vorsitzender. Die Opposition ist mit dieser Rochade nicht zufrieden. Damit bleibe der 35-Jährige eine äußerst einflussreiche politische Figur und das "System Kurz" erhalten, kritisierte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner.

Die Regierungskrise war durch Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ausgelöst worden. Enge Mitstreiter des Kanzlers stehen im Verdacht, wohlmeinende Berichterstattung in einem Medienunternehmen erkauft zu haben, um Kurz ab 2016 den Weg an die Parteispitze und in das Bundeskanzleramt zu ebnen. Auch Kurz wird als Beschuldigter geführt. Er bestreitet die Vorwürfe.

Sebastian Kurz beteuert weiter seine Unschuld

In einer siebenminütigen Rede betonte der Kanzler erneut seine Unschuld. "Über die Vorwürfe sagte Kurz am Samstag: "Sie sind falsch, und ich werde das auch aufklären können. Davon bin ich auch zutiefst überzeugt." Er gebe sein Amt aber aus Verantwortung für das Land ab. Es drohe nach einem Ende der ÖVP-Grünen-Koalition das Chaos einer Vier-Parteien-Zusammenarbeit von Grünen, SPÖ, liberalen Neos und rechter FPÖ. Die mächtigen Länderchefs der ÖVP begrüßten den Schritt. Tirols Ministerpräsident Günther Platter sagte, Kurz habe gemeinsam mit den Landeschefs entschieden, "einen Schritt zur Seite zu treten, bis die gegen ihn erhobenen Vorwürfe geklärt seien."

Auch die Industrie zeigte sich zufrieden. Es sei wichtig, das Ansehen Österreichs in der Welt und das internationale Vertrauen in den Standort zu wahren, so die Industriellenvereinigung.

Kickl (FPÖ) spricht von "Flucht in parlamentarische Immunität"

Die Grünen hatten in den vergangenen Tagen bereits mit Oppositionsparteien Gespräche über eine Mehrparteienregierung ohne ÖVP geführt - für den Fall, dass der Kanzler nicht zurücktritt.

Am Samstagabend werteten alle Oppositionsparteien den Wechsel von Kurz ins Parlament als juristischen und machtpolitischen Schachzug. "Sebastian Kurz tritt die Flucht in die parlamentarische Immunität an", sagte der Chef der rechten FPÖ, Herbert Kickl. Die Chefin der liberalen Neos, Beate Meinl-Reisinger, meinte, dass Kurz weiter alle Fäden in der Hand behalten werde. Als ÖVP-Chef hat Kurz weitreichende Befugnisse: Er kann das Regierungsteam, die Kandidatenlisten bei Parlamentswahlen sowie die politische Linie der ÖVP allein bestimmen.

Die konservativ-grüne Regierung unter Kurz war Anfang 2020 vereidigt worden. Zuvor hatte Kurz von 2017 bis 2019 mit der rechten FPÖ regiert. (dpa/mcf)

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