- Karl Lauterbach sieht nach Scheitern der Impfpflicht keinen Spielraum mehr für weitere Lockerungen.
- "Das, was wir an Lockerungen machen konnten, haben wir verbraucht", sagte er am Freitag in Berlin.
- Zudem hält der Gesundheitsminister Verschärfung von Maßnahmen wie der Maskenpflicht im Herbst für nötig.
- RKI-Präsident Lothar Wieler erklärt den Höhepunkt der aktuellen Corona-Welle für überwunden.
Nach der Entscheidung des Bundestags gegen eine Corona-Impfpflicht sieht Bundesgesundheitsminister
Und dies, obwohl in der gleichen Bundespressekonferenz der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, verkündete: "Wir haben den Höhepunkt der aktuellen Welle überschritten. " Wieler bezog sich auf absinkende Fallzahlen und Sieben-Tage-Inzidenzen. "Das sind sehr gute Nachrichten für uns alle."
Lauterbach: Mit aktuellen Maßnahmen werde man "im Herbst mit Sicherheit nicht über die Runden kommen"
Lauterbach aber drehte den Scheinwerfer über den Tag hinaus. Mit den aktuellen Eindämmungsmaßnahmen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes werde das Land "im Herbst mit Sicherheit nicht über die Runden kommen." Es werde beispielsweise "mit großer Wahrscheinlichkeit" nicht ohne die Wiedereinführung einer Maskenpflicht in vielen Bereichen gehen. Deshalb müsse das Gesetz noch einmal geändert werden.
Wäre die Impfpflicht beschlossen worden, seien vermutlich "mehr Freiheiten im Infektionsschutzgesetz" möglich gewesen, sagte Lauterbach. Die Impfpflicht wäre aus seiner Sicht "dringend nötig" gewesen.
RKI-Chef Lothar Wieler wiederholt seinen Impfappell
Wieler wiederholte in diesem Zusammenhang seine Impfappelle und betonte: "Die Impfung kann nicht immer vor Infektion, vor Ansteckung schützen. Wenn aber viele Menschen geimpft sind, reduziert sich auch das eigene Infektionsrisiko." Auch nach einer Infektion schütze die Impfung weiter vor schweren oder tödlichen Verläufen und auch vor Langzeitfolgen. "Auch wenn Sie bereits einmal infiziert waren, lassen Sie sich trotzdem impfen, so können Sie den bestmöglichen Schutz erreichen." Insbesondere die Auffrischimpfung sei wichtig, für vulnerable Gruppen empfahl Wieler auch dringend den zweiten Booster.
Der RKI-Chef riet weiterhin zum eigenverantwortlichen Tragen von Masken besonders in Innenräumen und dazu, bei Symptomen zum Schutz besonders gefährdeter Menschen zuhause zu bleiben. "Am Ende geht es hier um Menschenleben. Lassen Sie uns gemeinsam füreinander sorgen und positiv nach vorne blicken", so Wieler.
Gesetz für Corona-Impfpflicht ab 60 war krachend gescheitert
Ein Gesetzentwurf für eine Corona-Impfpflicht für alle ab 60 war am Donnerstag im Bundestag gescheitert. "Das war eine schlechte Woche für den Schutz der Bevölkerung vor der Corona-Infektion", sagte Lauterbach dazu. Die Bundestagsentscheidung sei "eine klare und auch bittere Niederlage für alle Impfpflichtbefürworter", auch für ihn selbst.
Sie sei zugleich eine schlechte Nachricht für das Gesundheitspersonal, dass Corona-Patienten betreue, und für alle Angehörigen von vulnerablen Gruppen. Außerdem handele es sich um eine "traurige Nachricht" in Bezug auf die schweren Erkrankungen und Todesfälle, die durch eine Impfpflicht hätten verhindert werden können.
Wieler erklärte, der Fokus in der Pandemie-Bekämpfung liege mittlerweile vor allem auf dem Schutz vulnerabler Gruppen und der Abmilderung der Folgen der Erkrankung. Weil Omikron ansteckender als vorherige Varianten sei und die Fallzahlen extrem hoch, gelinge die Nachverfolgung sämtlicher Infektionsketten nicht mehr.
Es sollen weiter Gespräche über Impfpflicht geführt werden
Lauterbach bekräftigte, dass er weiter Gespräche im Bundestag zum Thema Impfpflicht führen wolle. Er sei dabei aber "sehr skeptisch", räumte er ein.
Er wolle nun "noch einmal an eine kreative Kampagne für die Impfung herangehen", kündigte Lauterbach zugleich an. "Wenn wir das kreativ und gut machen", könne die Impfquote bis zum Herbst noch erhöht werden.
Zur aktuellen Corona-Lage sagte Lauterbach, die Neuinfektionen gingen derzeit deutlich zurück. "Wir sind jetzt in einen relativ stabilen Rückgang der Fallzahlen gekommen." Allerdings sehe es bei den schweren Krankheitsfällen und den Sterbefällen nicht so gut aus. (dpa/AFP/mgb/hau)
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