Der Mindestlohn soll in den kommenden Jahren deutlich steigen. Arbeitsminister Hubertus Heil beruft sich bei seinem Plan auf die EU.

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Für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Deutschland soll der Mindestlohn in den kommenden zwei Jahren auf bis zu 15 Euro steigen. Das erwartet Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) als zwingende Konsequenz aus einem neuen EU-Gesetz. "Davon werden übrigens sechs Millionen Menschen profitieren", sagte Heil im ARD-Morgenmagazin. Heute liegt die gesetzliche Lohnuntergrenze bei 12,41 Euro brutto pro Stunde.

Zum 1. Januar 2025 steigt der Mindestlohn auf 12,82 Euro – gemäß bereits gefällter Beschlüsse. Heil: "Und dann wird im Jahre 2026 der Mindestlohn zwischen 14 und 15 Euro liegen." Die Anhebung des Mindestlohns hatte nicht mit der Inflation Schritt gehalten. Zuletzt ist die Teuerungsrate in Deutschland aber auf 1,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gefallen.

Neues EU-Recht soll bald nationales Recht werden

In einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Brief an die Mindestlohnkommission kündigt Heil an, er halte die neuen EU-Vorgaben als erreicht an, wenn das Gremium die Vorgabe von einem Mindestlohn von 60 Prozent des mittleren Lohns berücksichtige. Bis 15. November sei die EU-Mindestlohn-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

In seinem Schreiben an die Kommissionsvorsitzende erläutert Heil der Kommissionschefin Christiane Schönefeld: "Bei der Ermittlung der 60-Prozent-Schwelle sind die Lohndaten von Vollzeitbeschäftigten zugrunde zu legen." Er fordert: "Der Mindestlohnkommission kommt es nun zu, diese europäischen Vorgaben mit Leben zu füllen."

In der Kommission verhandeln Spitzenvertreterinnen und -vertreter von Gewerkschaften und Arbeitgebern über die Erhöhungsschritte. Sie machen der Regierung regelmäßig Vorgaben, die das Arbeitsressort per Verordnung umsetzt.

Beim jüngsten Erhöhungsschritt hatten die Arbeitgeber mit den Stimmen der unabhängigen Vorsitzenden die Gewerkschaften überstimmt. Das hatte der gesetzlich verankerten Kommission viel Kritik von der Arbeitnehmerseite eingebracht. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte gefordert, dass die Mindestlohnkommission künftig wieder einvernehmlich entscheiden solle.

FDP wittert Wahlkampftaktik

Heil sagte: "Die letzte Erhöhung war zu niedrig. Das wissen alle. Und es ist jetzt notwendig, dass wir das auch klar ziehen." In Deutschland gebe es 45 Millionen Erwerbstätige, davon 35 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.

Zum Zeitrahmen sagte der Minister: "Ich muss bis November der EU-Kommission melden, ob das deutsche Recht der EU-Richtlinie entspricht." Deshalb der Brief an die Mindestlohnkommission. Die sei unabhängig. "Die muss in der ersten Jahreshälfte einen Vorschlag machen, wie es ab 1.1.2026 weitergeht."

Unter Verweis auf die Tarifautonomie von Arbeitgebern und Arbeitnehmern übte die FDP deutliche Kritik an Heil. "Besonders der Bundesarbeitsminister sollte sich davor hüten, durch offensichtliche Wahlkampfmanöver diese bewährte Tarifautonomie zu untergraben und so an einem Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft zu rütteln", sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler.

Der Grünen-Sozialpolitiker und frühere Verdi-Chef Frank Bsirske forderte, den Mindestlohn an 60 Prozent des mittleren Einkommens per deutscher Neuregelung zu koppeln. "Das wären in diesem Jahr 14 und im kommenden Jahr voraussichtlich 15 Euro brutto pro Stunde."

Auch Susanne Ferschl, arbeitsmarktpolitische Linke-Expertin, sagte: "Die Linke hat wiederholt gefordert, den in der EU-Richtlinie genannten Referenzwert von 60 Prozent des Medianlohns als Untergrenze in das Mindestlohngesetz aufzunehmen." Die SPD habe das bislang immer abgelehnt. SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt sagte, ihre Fraktion unterstütze das Ansinnen, die EU-Mindestlohnrichtlinie schnellstmöglich umzusetzen. "Deutschland ist kein Billiglohnland und darf auch keines werden." (dpa/bearbeitet von the)

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