EU-Dokumente belegen, dass zahlreiche ihrer Mitgliedsstaaten die drohende Gefahr durch das Coronavirus gleichermaßen verharmlost und unterschätzt haben. Überschätzt wurde hingegen der Grad der Vorbereitung auf den Ausbruch einer Pandemie.
Die EU-Kommission soll schon Ende Januar die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf die Gefahr einer weltweiten Pandemie durch das Coronavirus hingewiesen und ihre Unterstützung angeboten haben, was den Schutz der Bevölkerung davor angeht.
Bisher unveröffentlichte Dokumente aber belegen, dass die jeweils national abgeordneten Vertreter aus den Gesundheitsministerien der EU-Staaten mit dem Hinweis abgewinkt hätten, die Lage im Griff zu haben.
Deutschlands Corona-Szenario stammt aus dem Jahr 2012
Seit dem Auftauchen einer so genannten Risikoanalyse, die bereits im Jahr 2012 erstellt worden war, sieht sich auch Deutschland mit dem Vorwurf konfrontiert, das nunmehr eingetretene Szenario verharmlost zu haben. Inwiefern auch Deutschland zu den EU-Mitgliedstaaten gehört, die die seitens der Kommission angebotene Hilfe abgelehnt haben, geht aus den vorliegenden Dokumenten und dem entsprechenden Bericht der Nachrichtenagentur Reuters nicht hervor.
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Europa rannte sehenden Auges in die Coronakrise
Fest steht, dass die Bedarfserhebung der Kommission ergab, dass die Staaten der EU zehnmal so viel Schutzmaterial bräuchten als ihnen zur Verfügung stand. Die Analyse trägt den Titel "Wie Europa schlafwandlerisch in die Coronakrise geriet".
Verschlimmert wurde die Krise, neben der viel zu späten Reaktion, die erst im März erfolgte, auch noch durch nationale Alleingänge und einen auf dem Weltmarkt ausgetragenen Kampf um Ressourcen. Im Kampf gegen die fortschreitende Ausbreitung des Coronavirus wurde sogar der Transport von dringend benötigtem Schutzmaterial in benachbarte Länder behindert.
Testkits und Beatmungsgeräte wurden Mangelware
Zudem fehlen mittlerweile massenhaft Testkits und Beatmungsgeräte, vor allem in Italien, das die meisten bestätigten Corona-Fälle und -Toten weltweit zu beklagen hat.
Doch erst am 18. März leitete die EU auf Wunsch ihrer Mitglieder bezüglich fehlender Testkits eine gemeinsame Beschaffungsmaßnahme ein. Tags zuvor war Gleiches hinsichtlich des Notstands bei den Beatmungsapparaturen erfolgt.
Intensivbetten werden nicht mehr ausreichen
Mittlerweile kam die EU-Agentur für Seuchenschutz und -kontrolle zudem zu der Überzeugung, dass Mitte April kein Mitgliedsland mehr in der Lage sein wird, für die Behandlung von Corona-Patienten Intensivbetten in ausreichender Zahl vorzuhalten.
Deutschland hat inzwischen mehr als 100 Patienten aus den Notstandsländern Italien und Frankreich zur Behandlung einfliegen lassen, da die hiesigen Kapazitäten noch nicht ausgelastet waren und sind.
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