- Im Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch will Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Vorratsdatenspeicherung wieder ermöglichen.
- Das Bundesjustizministerium will dagegen nur das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren akzeptieren.
- Genereller Widerspruch kommt von Grünen und FDP.
Bundesinnenministerin
Die Vorratsdatenspeicherung sei für die Ermittlungsbehörden unverzichtbar, betonte Faeser. "Die Speicherung von Daten, mit denen wir Täter identifizieren können, ist unbedingt erforderlich", sagte sie der "Zeit". Faeser kündigte auch insgesamt ein härteres Vorgehen gegen pädophile Straftäter an und forderte die Gesellschaft zur Unterstützung auf.
Faeser: "Nötig um kriminelle Netzwerke aufzudecken"
Nötig sei eine "breite gesellschaftliche Debatte für mehr Sensibilität und Wachsamkeit" und eine "noch stärkere Ächtung dieser entsetzlichen Verbrechen", sagte die Ministerin. Sexueller Kindesmissbrauch sei zu lange ein Tabuthema gewesen. Die Datenspeicherung sei erforderlich, um kriminelle Netzwerke schneller aufzudecken und so auch "andauernde Missbrauchstaten stoppen zu können", sagte dazu weiter eine Sprecherin des Innenministeriums.
Eine Sprecherin des Justizministeriums wies allerdings darauf hin, dass die Vorratsspeicherung in der bislang im Gesetz verankerten Form derzeit in Deutschland ohnehin nicht angewandt werden könne, weil sie gegen das Grundgesetz verstoße. Das Ziel müsse daher sein, "den Ermittlern stattdessen ein sicheres Instrument an die Hand zu geben".
Dies sei das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren, sagte die Sprecherin weiter. Dies bedeute, "wenn man ausreichend Anhaltspunkte für eine schwere Straftat hat, können vorliegende Daten von Personen, die damit in Verbindung stehen, für das Verfahren gesichert werden". Eine Rückkehr zu einer "flächendeckenden und anlasslosen Speicherung von Verkehrsdaten der Bürgerinnen und Bürger verbietet sich aus unserer Sicht und ist rechtlich auch nicht möglich", stellte die Sprecherin von Justizminister Marco Buschmann (FDP) jedoch weiter klar.
Anwendung derzeit ausgesetzt
Die sogenannte Vorratsdatenspeicherung ist eine gesetzliche Vorgabe für alle Anbieter von Telekommunikationsdiensten, Standortdaten ihrer Nutzerinnen und Nutzer sowie deren Kommunikations- und Verbindungsdaten für einen mehrwöchigen Zeitraum vorsorglich zu speichern. Dies soll im Fall von Verbrechen die Aufklärung ermöglichen, ist aber wegen der Eingriffe in die Privatsphäre umstritten.
Die Anwendung ist in Deutschland wegen Klagen derzeit ausgesetzt, es wird auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs gewartet. Diese für den 20. September angekündigte Entscheidung wolle die Regierung auch auf jeden Fall abwarten, sagten Sprecherinnen des Innen- und des Justizressorts übereinstimmend. "Danach wird innerhalb der Bundesregierung beraten, welche Schlussfolgerungen sich daraus ergeben", sagte die Sprecherin des Innenministeriums weiter.
Grüne und FDP verweisen auf Koalitionsvertrag
Aus den Fraktionen der Grünen und der FDP kommt Kritik an den Plänen Faeser. "Immer mehr Eingriffsbefugnisse für die Sicherheitsbehörden führen nicht zwangsläufig zu mehr Sicherheit, schleifen aber an den Bürgerrechten", sagte Stephan Thomae (FDP) am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Schließlich hätten sich SPD, FDP und Grüne in ihrem Koalitionsvertrag "klar auf einen Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik verständigt".
Der Grünen-Obmann im Innenausschuss, Marcel Emmerich, betonte ebenfalls, der Koalitionsvertrag sei bei diesen Fragen "glasklar". Er sagte der dpa: "Mehr Überwachung löst keine Probleme, sondern beschäftigt meist die Gerichte". Emmerich forderte: "Wir sollten uns viel mehr auf Maßnahmen konzentrieren, die am Ende auch mehr Sicherheit schaffen, wie die Härtung unserer IT-Infrastruktur und die Sicherheitsbehörden personell und technisch besser auszustatten." (afp/dpa/fab)
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