- Die Kritik an Ungarns Gesetz zur Einschränkung von Informationen über Homo- und Transsexualität reißt nicht ab.
- Wenn Ungarn so weitermache, habe das Land in der EU "nichts mehr zu suchen", meint der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte.
- Die EU-Kommission und zahlreiche EU-Staaten sind der Auffassung, dass das ungarische Gesetz Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert.
Das ungarische Gesetz zur Einschränkung von Informationen über Homo- und Transsexualität entzweit die Europäische Union. Beim EU-Gipfel gab es am Donnerstagabend eine hitzige Debatte mit scharfer Kritik an Ungarn, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten. Einzelne Staats- und Regierungschefs stellten demnach sogar in Frage, ob Ungarn bei der Fortsetzung der aktuellen Politik noch einen Platz in der EU haben kann oder brachten die Kürzung von EU-Geldern über den neuen Rechtsstaatsmechanismus ins Spiel. Klare Unterstützung für Ministerpräsident Viktor Orban hätten lediglich Polen und Slowenien signalisiert, hieß es.
Das ungarische Gesetz war in der Nacht zum Donnerstag in Kraft getreten - und Orban will es nach eigenen Angaben nicht zurückziehen. Es verbietet Publikationen, die Kindern zugänglich sind und nicht-heterosexuelle Beziehungen darstellen. Auch wird Werbung verboten, in der Homosexuelle oder Transsexuelle als Teil einer Normalität erscheinen.
Ungarns Gesetz: 16 Regierungschefs besorgt über Bedrohung von Grundrechten
"Respekt und Toleranz sind das Herzstück des europäischen Projekts", heißt es in dem Schreiben. "Wir sind entschlossen, diese Anstrengungen fortzuführen und dafür zu sorgen, dass die künftigen Generationen Europas in einem von Gleichberechtigung und Respekt geprägten Umfeld aufwachsen." Der Brief erwähnt als Anlass den International Lesbian Gay Bisexual and Transgender Pride Day am 28. Juni. Der Streit wurde dann aber auch Thema des EU-Gipfels.
Neben Deutschland wurde der Brief unter anderem von den übrigen EU-Gründerstaaten Frankreich, Italien, Niederlande, Belgien und Luxemburg unterzeichnet. Von den östlichen EU-Staaten machten nur Estland und Lettland mit. Neben Ungarn fehlten auch Länder wie Polen, Slowakei, Tschechien, Slowenien, Kroatien, Bulgarien und Rumänien.
EU denkt über Konsequenzen für Ungarn nach
Die EU-Kommission und zahlreiche EU-Staaten sind der Auffassung, dass das ungarische Gesetz Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ein entschiedenes Vorgehen der Kommission angekündigt. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn nannte als mögliche Konsequenzen einen Zahlungsstopp von EU-Hilfen und einen Entzug des Stimmrechts - allerdings sind die Hürden für einen solchen Schritt sehr hoch. Der Ausschluss eines Landes aus der EU gegen dessen Willen ist nach den Europäischen Verträgen gar nicht möglich.
Bei Orban sei offensichtlich "Hopfen und Malz verloren", sagte Asselborn bei NDR Info. Er gehe davon aus, dass der ungarische Premier "nicht mehr auf die europäische Schiene kommt". Das Gesetz sei schändlich und richte sich klar gegen nicht-heterosexuelle Menschen. "Er ist aber zu feige, das zu sagen."
Der niederländische Ministerpräsident Mark
Orban weist Kritik zurück: Er verteidige Rechte von Homosexuellen
Auch Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel fand klare Worte für Orbans Haltung zur Homosexualität. Wer glaube, dass jemand wegen einer Werbung, eines Buches oder eines Films schwul geworden sei, verstehe das Leben nicht, sagte der mit einem Mann verheiratete Politiker.
Orban weist jede Kritik an den neuen Regeln beharrlich zurück - und behauptet, er verteidige vielmehr die Rechte von Homosexuellen. Das Gesetz sorge dafür, dass Eltern alleine darüber entscheiden könnten, wie sie die sexuelle Erziehung ihrer Kinder gestalten wollten, erklärte der rechtsnationale Regierungschef.
Kritiker werfen ihm vor, neben den Rechten von Minderheiten auch demokratische Institutionen und die Pressefreiheit auszuhöhlen, sich die Justiz Untertan gemacht zu haben und Ressentiments gegen Ausländer zu schüren. (dpa/mko)
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