- Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein wollen die Isolationspflicht für Corona-Infizierte aufheben.
- In diesen Ländern soll die neue Regelung "zeitnah" in Kraft treten.
- "Der Schritt ist verantwortbar und geboten", erklärt Hessens Sozialminister Kai Klose.
- Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach spricht dagegen von einem "wichtigen Fehler".
Vier Bundesländer haben sich darauf verständigt, die Isolationspflicht für Corona-Infizierte abzuschaffen. Es handelt sich um Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein, wie das baden-württembergische Gesundheitsministerium am Freitag in Stuttgart mitteilte. In diesen Ländern sollten "zeitnah" neue Regelungen in Kraft treten, die Details würden derzeit ausgearbeitet.
Die generelle Isolationspflicht für positiv getestete Personen soll demnach aufgehoben werden. "An deren Stelle werden die Länder angepasst verpflichtende Schutzmaßnahmen wie eine begrenzte Maskenpflicht positiv getesteter Personen sowie dringende Empfehlungen einführen", heißt es in der Mitteilung aus Stuttgart. Als Termin für die Abschaffung der Isolationspflicht in Bayern nannte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) den 16. November.
Hohe Basisimmunität der Bevölkerung
"Wir läuten eine neue Phase im Umgang mit der Pandemie ein", erklärte Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne). "Es ist Zeit, den Menschen wieder mehr Eigenverantwortung zu übertragen." Sein hessischer Kollege Kai Klose (Grüne) sagt: "So lange das derzeit herrschende Omikron-Virus nicht von einer pathogeneren Variante verdrängt wird, die unser Gesundheitssystem überlasten könnte, ist der Schritt verantwortbar und geboten".
Die Bundesländer berufen sich den Stuttgarter Angaben zufolge "unter anderem auf Erfahrungen aus Nachbarländern wie Österreich, wo es seit Sommer 2022 absonderungsersetzende Schutzmaßnahmen gibt". Aus diesen Ländern seien keine negativen Erkenntnisse bekannt. "Zurückgehende Infektionszahlen, eine wirksame Schutzimpfung, eine Basisimmunität innerhalb der Bevölkerung von mehr als 90 Prozent, in der Regel keine schweren Krankheitsverläufe sowie wirksame antivirale Medikamente rechtfertigen aus Sicht der Länder, diesen Schritt zeitnah zu gehen."
Maskenpflicht für positiv Getestete
Der Mitteilung zufolge verständigten sich die Länder auf gemeinsame Empfehlungen als Grundlage für ihre neuen Regelungen. Diese sehen etwa vor, dass positiv Getestete außerhalb ihrer eigenen Wohnung eine Maske tragen müssen - außer im Freien, wenn ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden kann. Vorgesehen ist demnach auch, dass positiv Getestete medizinische und pflegerische Einrichtungen nicht als Besucher betreten dürfen.
Die vier Bundesländer, die nun gemeinsam die Aufhebung der Isolationspflicht angekündigt haben, hatten Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Ende September in einem gemeinsamen Schreiben aufgefordert, dafür zu sorgen, dass das Robert Koch-Institut (RKI) seine Isolationsempfehlungen für Corona-Infizierte ändert. Lauterbach hatte dies damals umgehend zurückgewiesen. Bundesjustizminister Marco Buschmann hatte aber bereits darauf hingewiesen, dass die Länder sich über die RKI-Empfehlung hinwegsetzen können.
Das RKI empfiehlt den Ländern, für Infizierte fünf Tage Isolation anzuordnen. Angeraten wird eine dringende Empfehlung, die Selbstisolation danach erst dann zu beenden, wenn ein (Selbst-)Test negativ ausfällt. Beschäftigte des Gesundheits- und Pflegewesens sollen zudem 48 Stunden vor der Testabnahme symptomfrei gewesen sein.
Lauterbach reagiert mit Kritik
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte eine Lockerung der Isolationspflicht zunächst im April dieses Jahres ebenfalls angekündigt - sie dann aber sofort wieder zurückgenommen. Er bezeichnete die Entscheidung der vier Landesregierungen am Freitag als "wichtigen Fehler". Deutschland drohe damit ein Flickenteppich. Es gibt aus seiner Sicht auch keinen medizinischen Grund, auf die Selbstisolation zu verzichten. "Wir haben derzeit etwa 1000 Todesfälle pro Woche, wir sind wahrscheinlich vor einer schweren Winterwelle", so Lauterbach. Arbeitnehmer müssten sich darauf verlassen, dass Kollegen nicht infiziert zur Arbeit kommen.
Verhindern kann der Minister den Schritt der Länder nicht. Trotzdem sagte er am Freitag: "Ich kann das nicht akzeptieren." Aus seiner Sicht haben Bund und Länder in der Corona-Bekämpfung zusammen große Erfolge erzielt, die die vier Länder jetzt aufs Spiel setzen würden. (dpa/fab)
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