Die Zahl der Angriffe auf Politikerinnen und Politiker steigt immer weiter an. Bei "Markus Lanz" warnte Bürgermeisterin und FDP-Politikerin Wiebke Şahin-Schwarzweller am Dienstagabend vor den Folgen der ihrer Ansicht nach "demokratiegefährdenden" Attacken.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

"Abgerissene Plakate scheinen mittlerweile an der Tagesordnung zu stehen", sagte Markus Lanz am Dienstag mit ernster Miene. Dem stimmten seine Gäste uneingeschränkt zu. Vor allem Bürgermeisterin Wiebke Şahin-Schwarzweller aus dem brandenburgischen Zossen warnte vor der politischen Verrohung und den Folgen zunehmender Gewalt gegen Politiker.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Nach der brutalen Attacke auf SPD-Politiker Matthias Ecke wurde auch Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey tätlich angegriffen. Am 7. Mai folgte ein weiterer Vorfall in Dresden, bei dem Grünen-Politikerin Yvonne Moßler auf ihrer Wahlkampftour bedroht und bespuckt wurde. Es sind erschütternde Szenen, die sich landesweit immer mehr anzuhäufen scheinen. Markus Lanz nahm das zum Anlass, am Dienstagabend bei mehreren Kommunalpolitikern nachzufragen, wie sie die Stimmung unter den Bürgerinnen und Bürgern wahrnehmen.

Das sind die Gäste

  • Wiebke Şahin-Schwarzweller, FDP-Politikerin: "Wir werden beschimpft und verleumdet."
  • Richard Arnold, CDU-Politiker: "Der Bürokratie-Wahnsinn ist bei uns längst Alltag."
  • Dagmar Schulz, Landrätin (parteilos): "Es gibt mittlerweile in Niedersachsen keinen einzigen Landkreis mehr mit einem ausgeglichenen Haushalt."
  • Oliver Schmidt-Gutzat, SPD-Politiker: "Dieses ständige Anzweifeln, das macht was mit dem Ehrenamt, das macht was mit der Stadt."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Dass Bedrohungen für Politiker im Wahlkampf immer mehr zuzunehmen scheinen, kann FDP-Politikerin Wiebke Şahin-Schwarzweller nur bestätigen. Bei "Markus Lanz" offenbarte die Bürgermeisterin von Zossen in Brandenburg am Dienstagabend, dass sie 2019 während ihres Wahlkampfes Patronenhülsen in ihrem Briefkasten gefunden habe.

Über die aktuellen Angriffe auf Politiker sagte sie: "Die Bilder, die wir jetzt gerade sehen, das ist erschreckend. Und die sind natürlich dann auch demokratiegefährdend." Der ZDF-Moderator wollte wissen, mit welchen Anfeindungen sie tagtäglich zu kämpfen habe. "Die politischen Debatten sind bei uns (...) manchmal schon wirklich extrem. Man merkt eben auch, dass die Gesellschaft sehr, sehr angriffslustiger wird."

Dies habe zur Folge, dass die FDP-Politikerin bereits mehrfach das Ordnungsamt und die Polizei kontaktieren musste. CDU-Politiker und Bürgermeister Richard Arnold stimmte zu: "Wir teilen alle untereinander die Erfahrung, dass der Ton insgesamt rauer geworden ist." Als Markus Lanz nach dem Grund hierfür fragte, antwortete Şahin-Schwarzweller: "Es gibt immer Kritik und je unzufriedener die Menschen eben sind, desto größer wird die Kritik. Obwohl wir als Bürgermeister nichts dafür können. (...) Wir geben als Bürgermeister tagtäglich unser Bestes für die Kommunen."

Grund genug für Lanz, seine Gäste zu fragen, ob sie schon mal ans Aufhören gedacht haben. Landrätin Dagmar Schulz gab daraufhin zu: "Man merkt schon, dass es vielleicht nicht mehr so viele Menschen gibt, die sich für so ein politisches Amt zur Verfügung stellen wollen." Sie erklärte daraufhin, dass Themen wie Migration mittlerweile bei vielen Bürgerinnen und Bürgern Gefühle der Angst und Unsicherheit ausgelöst und zur Problematik beigesteuert haben.

Wiebke Şahin-Schwarzweller nickte und erklärte, dass sie deshalb "immer wieder aufklären und ganz klar differenzieren" müsse, "woher kommen die Menschen und wie schafft man das Thema Integration, Migration in einer Kommune, die ohnehin schon Wachstumsschmerzen hat". Ein Begriff, der den ZDF-Moderator stutzig machte: "Das heißt, Sie sind am Rande Ihrer Kapazität?" Die klare Antwort: "Wir sind am Rande unserer Kapazität, ja."

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Dieser Zustand führe laut der Bürgermeisterin von Zossen auch zu einem Erstarken der AfD. "Die AfD (...) ist bei uns mittlerweile sehr gut angekommen", so Şahin-Schwarzweller. Landrätin Dagmar Schulz ergänzte daraufhin, dass die "existenziellen Ängste" vieler Bürger die "Hinwendung zu einfachen Antworten" erklären würden.

Sie plädierte dafür, dass das Ziel der Kommunalpolitik sein müsse: "Wie erreichen wir die Menschen wieder? Also wie kann unser System so sein, dass die Menschen sagen, da fühle ich mich auch aufgehoben?" Laut Schulz müsse die demokratische Mitte "die Sorgen abholen" und alles dafür tun, dass sich die Bürger "auch wieder aufgehoben fühlen in diesem Staat".

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz versuchte am Dienstagabend, einen ungeschönten Blick in die einzelnen deutschen Kommunen zu werfen. Dabei nahm er sich für jeden seiner Gäste ausreichend Zeit und stellte mit Blick auf die steigende Aggression gegen Politiker fest: "Da sind Menschen fertig mit dem System."

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Bei "Markus Lanz" brachten die einzelnen Kommunalpolitiker ihre Ängste und Sorgen zum Ausdruck und machten deutlich, dass die steigende Gewalt fatale Folgen haben könnte. "Dieses ständige Anzweifeln, das macht was mit dem Ehrenamt, das macht was mit der Stadt", warnte SPD-Politiker Oliver Schmidt-Gutzat.

Der Bürgermeister von Heide erklärte gleichzeitig, dass er den Vorschlag von Innenministerin Nancy Faeser, jetzt die Polizeipräsenz in den einzelnen Gemeinden hochzuschrauben, für "völlig unrealistisch" halte. "Wir bräuchten auch mehr Polizeipräsenz in anderen Bereichen - wir haben sie aber einfach nicht", so Oliver Schmidt-Gutzat.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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