Die Gewalt gegen Politikerinnen und Politiker nimmt zu. Die Bundesländer bringen nun eine Strafverschärfung ins Spiel. Justizminister Marco Buschmann (FDP) reagiert zurückhaltend.

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Mit härteren Strafen lässt sich die zunehmende Aggression gegen Politiker nach Überzeugung von Bundesjustizminister Marco Buschmann nicht eindämmen. "Der Versuch, das gesellschaftliche Problem einer allgemeinen Verrohung der politischen Auseinandersetzung mit dem Strafrecht allein zu lösen, wird scheitern", sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Er sei gleichwohl bereit, sich Vorschläge der Länder zum Strafrecht anzusehen.

Neuer Straftatbestand für politisches Stalking?

Sachsen will einen Gesetzentwurf in den Bundesrat einbringen, der einen neuen Straftatbestand vorsieht. Demnach soll die Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern durch sogenanntes politisches Stalking geahndet werden. Dabei geht es um Bedrohungssituationen wie etwa aggressive Aufmärsche vor dem Wohnhaus eines Bürgermeisters.

Der Wortlaut der Vorschläge aus Sachsen liege ihm noch nicht vor, sagte Buschmann der dpa in einem Interview auf dem Weg zum G7-Justizministertreffen in Venedig. Grundsätzlich müsse das Strafrecht besonderen Anforderungen genügen. "Das heißt, wir können nicht eine unpräzise Formulierung nutzen, die dann möglicherweise auch legitimes Verhalten kriminalisieren würde." Auch sei die Versammlungsfreiheit ein hohes Gut. Bürgerinnen und Bürger dürften auch gemeinsam gegenüber einem Politiker Kritik zum Ausdruck bringen. "Das muss man präzise von einer nicht mehr akzeptablen Bedrohungssituation abgrenzen", betonte der Justizminister.

Buschmann: Das Strafrecht hat keine blinden Flecken

Es solle aber niemand so tun, als ob das deutsche Strafrecht in Fällen wie dem von Matthias Ecke blinde Flecken hätte, sagte Buschmann. Eine solch schwere Straftat könne auch jetzt schon entsprechend geahndet werden. "Auch Politiker haben ein Recht darauf, dass sie nicht beleidigt werden - und erst recht haben sie ein Recht darauf, dass sie nicht gewaltsam bedroht werden."

Nach dem brutalen Angriff auf den sächsischen SPD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Matthias Ecke, hatten sich die Innenminister von Bund und Ländern am Dienstag zu einer Video-Konferenz getroffen. In einem gemeinsamen Beschluss bat die Konferenz die Justizminister, möglichst bald zu prüfen, ob "das spezifische Unrecht, das in dem demokratiegefährdenden Umstand solcher Angriffe zu sehen ist", im Strafrecht heute schon ausreichend abgebildet sei. Geprüft werden solle auch, ob "die bewusste Verbreitung von Desinformationen mit dem Ziel der Wahlbeeinflussung oder Gewalteskalation strafwürdiges Unrecht" darstellen.

Immer häufiger Angriffe auf Politiker

Zuletzt hatten sich Angriffe auf Politiker gehäuft. Am Freitag vergangener Woche wurde Ecke in Dresden beim Plakatieren krankenhausreif geschlagen. Am Dienstag schlug dann ein Mann die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) mit einem Beutel, in dem sich ein harter Gegenstand befand, und verletzte sie leicht. Noch am selben Tag wurde die Grünen-Spitzenkandidatin für den Stadtrat in Dresden, Yvonne Mosler, beim Aufhängen von Wahlplakaten angerempelt und bedroht. In Stuttgart wurden zwei AfD-Landtagsabgeordnete am Mittwoch laut Polizei von mutmaßlichen Gegnern der Partei verbal und körperlich attackiert. (dpa/jos)

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