Das deutsche Asylsystem löst immer wieder Debatten aus. Bei "Markus Lanz" offenbarte der Oberbürgermeister von Frankfurt/Oder, dass er aufgrund der aufgeheizten Stimmung im Land mittlerweile regelmäßig Morddrohungen erhalte.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

"Es ist kein Vergnügen mehr, an der Basis Politik zu machen", stellte ZDF-Moderator Markus Lanz in seiner Sendung klar. Wie wahr der Satz ist, machte Oberbürgermeister René Wilke deutlich, als er über die angespannte Lage in seinem Landkreis berichtete und deutlich machte, wie die Flüchtlingssituation die Kommunen an ihre Grenzen bringen. Auch die Berichte der anderen Gäste setzten Lanz zu.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Im vergangenen Jahr stellten in Deutschland rund 329.000 Menschen einen Erstantrag auf Asyl. Dabei handelte es sich um einen Anstieg von etwa 50 Prozent im Vergleich zu 2022. Kein Wunder also, dass der Druck auf die Kommunen in Deutschland mit Blick auf die hohen Asylbewerberzahlen immer weiter ansteigt.

CDU-Politiker und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst warnte dazu kürzlich in einem TV-Interview: "Immer noch mehr Menschen obendrauf wird uns an die Grenzen dessen bringen, was überhaupt noch geht." Markus Lanz nahm dies am Dienstagabend zum Anlass und blickte auf das Verwaltungschaos in den einzelnen Bundesländern sowie den damit einhergehenden Frust unter den deutschen Bürgern.

Das sind die Gäste

  • Gerald Knaus, Migrationsforscher: "Die größte Fluchtursache in Europa heute ist Putins Angriffskrieg auf die Ukraine."
  • René Wilke, Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder): "Wir haben alle Ämter, die eigentlich nicht schaffbar sind."
  • Olaf von Löwis, Landrat: "Das Hauptproblem ist die Unterbringung."
  • Sibylle Keupen, Oberbürgermeisterin: "Schon in Corona haben wir gemerkt, dass diese Leichtigkeit des Grenzübergangs nicht mehr möglich war."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Dass sich das Leben in Grenzstädten wie Frankfurt/Oder und Aachen in den vergangenen Jahren verändert hat, wurde bei "Markus Lanz" schnell deutlich. Während René Wilke, Linkspolitiker und OB von Frankfurt/Oder, zwiegespalten auf Grenzkontrollen blickte und über eine fehlende "Leichtigkeit" im Alltag klagte, warnte die parteilose Aachener Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen vor einem "massiven Zugang von unbegleiteten, minderjährigen Geflüchteten". Dies führe laut Keupen zu einer Unterbringungsnot und einem Bürokratie-Wahnsinn, da es in Deutschland die Pflicht gebe, Minderjährige aufzunehmen und sie mithilfe eines "anderen Aufenthaltsstatus" zu betreuen.

Als Markus Lanz fragte, ob dieses System von einigen Asylsuchenden missbraucht werde, reagierte Sibylle Keupen vorsichtig. Sie stellte dennoch klar, dass es natürlich "eine Verführung" gebe, "das Alter etwas nach unten zu korrigieren". Hinzu komme, dass es oft eine enorme Herausforderung darstelle, das Alter von Geflüchteten herauszufinden. "Das heißt, Sie gehen davon aus, dass Sie angelogen werden?", hakte Lanz nach. Sibylle Keupen antwortete ehrlich: "Teilweise. Aber wir haben keine Chance, es zu beweisen, da wir keine Papiere haben."

Der Prozess sei laut der Aachener Oberbürgermeisterin mit zu viel Aufwand verbunden, denn: "Es braucht psychologische Hilfe, es braucht Dolmetscher. (...) Wir können es natürlich medizinisch in gewisser Weise nachweisen, aber das ist sehr, sehr komplex."

Als Lanz geschockt reagierte, wiegelte Oberbürgermeister René Wilke ab: "Wir wollen jetzt alle nicht suggerieren, dass es ein Massenphänomen wäre." Dem stimmte CSU-Politiker Olaf von Löwis zwar zu, zeichnete aber dennoch ein dramatisches Bild der aktuellen Lage in Bayern. Der Landrat von Miesbach erklärte, dass alle zwei Wochen ein Bus mit 50 Menschen - darunter Ukrainer sowie Asylbewerber - bei ihm ankomme. "Das Hauptproblem ist die Unterbringung", erläuterte von Löwis.

Der Politiker ergänzte, dass er die ankommenden Menschen "bisher hauptsächlich in Turnhallen" unterbringe, jedoch "in der Hoffnung, dass es nur eine vorübergehende Maßnahme ist. Aber leider hat sich herausgestellt, dass der Flüchtlingsstrom ungebrochen weitergeht". Die von ihm vorgeschlagene Lösung eines Containerdorfes habe laut des Landrats keine Linderung gebracht, sondern vielmehr zu einer "furchtbaren Stimmung" bei einigen Bürgern geführt.

René Wilke
René Wilke, Oberbürgermeister von Frankfurt/Oder, gab zu verstehen: "Wir haben alle Ämter, die eigentlich nicht schaffbar sind." © ZDF / Cornelia Lehmann

Damit konnte sich René Wilke identifizieren. Er gab offen zu: "Als Amtsträger muss man heutzutage irgendwie damit rechnen, dass auch mal Morddrohungen kommen." Eine Aussage, auf die Markus Lanz wiederum geschockt reagierte. Wilke gab daraufhin zu, dass er aufgrund der "Gefährdungslage" immer weniger mit dem Fahrrad zu Terminen fahre. Als Lanz wissen wollte, welche persönlichen Bedrohungen der Oberbürgermeister erfahren musste, erklärte René Wilke fast nüchtern: "Es gab Leute, die mir Fantasien geschickt haben, wie sie mich mit der Axt zerstückeln." Darauf reagierte Lanz fassungslos: "Das kann nicht sein (...) und schon gar nicht in diesem Land."

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz schaffte es in seiner Sendung, der teils sehr brenzligen Situation in den deutschen Kommunen auf den Grund zu gehen. Dabei ließ der ZDF-Moderator seinen Gästen den nötigen Raum, ihre Sorgen und Ängste zu verbalisieren. Oberbürgermeister René Wilke brachte es dabei auf den Punkt, als er sagte: "Wir haben alle Ämter, die eigentlich nicht schaffbar sind."

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Migrationsforscher Gerald Knaus blickte mit sorgenvollem Blick auf die Situation in Deutschland und plädierte für eine Veränderung des Asylsystems, denn: "Was wir derzeit haben und was dann in den Kommunen ankommt, ist ein zutiefst unmenschliches System." Er ergänzte: "Dieses System ist politisch explosiv, weil es die Angst verstärkt. Weil tatsächlich Leute eben nur irgendwie mit Schleppern kommen."

Die regierenden Parteien müssten daher laut Knaus Lösungen finden, "ohne die Menschenwürde zu opfern". Dem stimmte René Wilke zu: "Wir sind ja sowieso in einer Spirale der Härte (...), auch in einer Spirale der Lautstärke. Eigentlich bräuchten wir genau das Gegenteil: mehr Differenziertheit, etwas mehr Milde im Umgang miteinander."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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