In Chemnitz haben am Montagabend Zehntausende bei einem Protestkonzert mit Bands wie Kraftklub oder den Toten Hosen ein Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt. Aber wie geht es jetzt in der Stadt und in ganz Sachsen weiter? So hat die Presse das Konzert kommentiert.
Rund 65.000 Menschen strömten am Montag nach Chemnitz zu dem Konzert, das sich gegen die rechtsextremen Aufmärsche der vergangenen Tage richtete.
Bands wie Kraftklub und die Toten Hosen sowie die Rapper
Nach dem Ende des Konzerts steht für Chemnitz und Sachsen aber wieder der Alltag im Kampf gegen den Rechtsextremismus an. So kommentiert die Presse die Situation.
Pressestimmen zum Protestkonzert in Chemnitz
Tagesspiegel: "Wem gehört Chemnitz?"
"Es ist der vorläufige Höhepunkt in einem seit Tagen andauernden Kampf um die Deutungshoheit in Chemnitz. [...] Gilt das Motto 'Wir sind mehr' am Dienstag auch noch?
Man muss sich vom Konzertareal nur ein paar Querstraßen weit entfernen, um Stimmen zu hören, die ahnen lassen, dass das letzte Wort darüber nicht gesprochen ist. Wo man Chemnitzer trifft, die alle von sich behaupten, nicht rechts zu sein, aber Sätze sagen wie: 'Zum Glück sind die nachher wieder weg' oder 'Die haben angekündigt, heute die Gedenkstätte vom Daniel zu schänden.' Einer verlangt, den Mitgliedern der Chemnitzer Band Kraftklub, [...], das Wohnrecht zu entziehen." Zum Artikel
Frankfurter Allgemeine: "Und jetzt wieder Alltag?"
"Nach einem umjubelten Konzert gegen Rassismus vor 65.000 Zuschauern steht für Chemnitz und Sachsen wieder der Alltag im Kampf gegen Ausländerfeindlichkeit und rechtsextreme Gewalt an." Zum Artikel
Freie Presse (Chemnitz): "#wirsindmehr: Gegenrechtsrock in Chemnitz"
"Im Publikum waren viele junge Leute in bunten Klamotten, wie man sie vor einer Woche eher spärlich auf der Straße gesehen hat. Das war, als ihr [der Artikel richtet sich an die "empörten Bürger" von Chemnitz; Anm.d.Red.] in Schwarz und Grau hinter den Leuten hergelaufen seid, die behaupten, dass sie das Land retten müssten, indem sie es in eine Festung verwandeln, die sie dann säubern und kommandieren können. Sie haben behauptet, das hätte mit dem Verbrechen zu tun, das sich in der Stadt ereignet hat. Nur sahen Pietät und Trauer bisher anders aus. [...]
Und ihr, empörte Bürger vom ganz rechten Rand, fürchtet euch weiter vor Feine Sahne, Kunst und Punk, Kraftklub und anderen 'unmöglichen linken Bands'. Sie haben gerockt. Das gilt es festzuhalten." Zum Artikel
Sächsische Zeitung (Dresden): "Was passiert nach der Zugabe?"
"Die spannende Frage lautet: Was passiert, wenn die letzte Zugabe verklungen ist? Neonazis lassen sich durch linke Rock-, Rap- und Punkmusik kaum beeindrucken. Doch auch diejenigen, die Zweifel am Gelingen von Integration haben, dürften ihre Skepsis nach so einem Auftritt nicht verlieren. Nicht nur durch die sächsische Gesellschaft geht ein Riss. Die Musiker werden ihn, so redlich und glaubwürdig sie sich auf Bühnen und anderswo engagieren, nicht kitten können." Zum Artikel
Mitteldeutsche Zeitung: "Ein Drahtseilakt zwischen Protest und Event-Tourismus"
"Für die Bands ist das Konzert kein leichtes Unterfangen, ein Drahtseilakt, wie alles dieser Tage in Chemnitz. Viele werfen ihnen vor, dass sie Eventtourismus betreiben, dass sie mit Prominenz und Gratismusik Menschen aus ganz Deutschland locken, denen die Sache eigentlich egal ist. [...]
Doch viele fragen sich, noch während die Musik läuft und die "Nazis raus"-Schreie schallen, was morgen sein wird. 'Wenn das alles vorbei ist, wenn die Presse weg ist', sagt Maria S. 'dann bleiben wir hier in Chemnitz mit all diesen Menschen, die nicht wissen, wohin mit ihrer Wut.'" Zum Artikel
Leipziger Volkszeitung: "Die Probleme von Chemnitz bleiben"
"Ob all das in der Stadt Chemnitz etwas grundlegend verändern wird, darf bezweifelt werden. Am Hochhaus schräg gegenüber mahnt noch immer ein Plakat: 'Die Würde des Menschen ist antastbar.' Am Freitag geht es aber weiter: Die Theater Chemnitz laden zu einem Gratis-Konzert auf den Theaterplatz ein.
'Es ist klar, dass man mit einem Konzert nicht die Welt rettet. Aber es hilft, dass man nicht allein gelassen wird', sagt Felix von Kraftklub trotzig. Als Chemnitzer muss er es wissen." Zum Artikel
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