Im Prozess gegen den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke wegen des Verwendens einer verbotenen NS-Parole könnte am 14. Mai das Urteil fallen.

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Das deutete der Vorsitzende Richter Jan Stengel am dritten Verhandlungstag am Freitag am Landgericht Halle an. Die Staatsanwaltshaft hatte einen Antrag, eine weitere Anklage gegen Höcke mitzuverhandeln, zuvor zurückgezogen.

In dem aktuellen Prozess wirft die Staatsanwaltschaft dem von Verfassungsschützern als Rechtsextremist bezeichneten Höcke das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen vor. Er soll Ende Mai 2021 im sachsen-anhaltischen Merseburg bei einer AfD-Wahlkampfveranstaltung "Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland" gesagt haben.

Nach Überzeugung der Ankläger wusste Höcke, der vor seiner politischen Karriere Gymnasiallehrer für Geschichte war, dass es sich bei der Parole "Alles für Deutschland" um eine verbotene Losung der sogenannten Sturmabteilung (SA) der nationalsozialistischen NSDAP handelt. Höcke bestritt dies. Am 14. Mai will die Kammer nun zunächst über weitere Anträge entscheiden. Dann könnten die Plädoyers und das Urteil folgen.

Am Freitag ging es unter anderem um die Reichweite von Höckes Wahlkampfrede und damit um die Wirksamkeit seiner Äußerung in der Öffentlichkeit. Der Angeklagte habe "eine allgemeinhin vergessene Parole wiederbelebt und salonfähig gemacht", sagte Staatsanwalt Benedikt Bernzen. Er wies erneut daraufhin, dass das Video von Höckes Rede in Merseburg allein auf der Facebook-Seite der AfD Sachsen-Anhalt rund 21.000 Mal angeklickt worden sei.

Nach Angaben seines Anwalts Philip Müller ersuchte Höcke mittlerweile den Landesverband, das entsprechende Video aus dem Netz zu nehmen. Aus Sicht der Verteidigung sei die auf einer "unbedeutenden politischen Wahlkampfveranstaltung" geäußerte Redewendung erst durch das Strafverfahren einer breiten Bevölkerungsmehrheit "in Erinnerung gerufen" worden.

Eine weitere Anklage gegen Höcke wegen des Verwendens der SA-Parole bei einer AfD-Veranstaltung im thüringischen Gera wird nicht in dem laufenden Prozess verhandelt. Der Fall wurde vor Verhandlungsbeginn wegen mehrfacher Verteidigerwechsel abgetrennt. Einen Antrag, die Anklage wieder in das Verfahren einzubinden, zog die Staatsanwaltschaft mit Verweis auf den Prozessfortgang am Freitag zurück. Damit muss sich Höcke wegen dieser Vorwürfe demnächst in einem weiteren Prozess vor dem Landgericht verantworten.

In Gera soll er im vergangenen Dezember die SA-Parole ebenfalls verwendet haben - und zwar als das Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen des Falls Merseburg bereits lief. Nach Auffassung der Ankläger wäre das im Fall einer Verurteilung bei der Strafzumessung von Bedeutung.

Höcke selbst machte am Freitag einige Angaben zu seiner Ausbildung und seinem beruflichen und politischen Werdegang. Angaben zu seiner Familie oder seiner Gesundheit lehnte er mit Verweis auf seine Privatsphäre ab.

Bei einer Verurteilung wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen drohen laut Gesetz bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe. Der Vorsitzende Richter Stengel ließ am zweiten Prozesstag bereits durchblicken, dass die Kammer derzeit eine Geldstrafe für angemessen hält, sofern sich der Tatvorwurf bestätigen sollte.

Damit dürfte der Ausgang des Prozesses zunächst keine Konsequenzen für Höckes AfD-Spitzenkandidatur zur Thüringer Landtagswahl am 1. September haben. Bei einer Verurteilung zu mindestens sechs Monaten könnte das Landgericht ihm die Amtsfähigkeit sowie das aktive und passive Wahlrecht absprechen.

In Thüringen kommt auf den Vorsitzende des vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften AfD-Landesverbands ein weiterer Prozess zu. Das Landgericht Mühlhausen ließ Ende Januar eine Anklage wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen den AfD-Politiker zu. Es geht dabei um einen Beitrag von Höcke aus dem Jahr 2022 im Social-Media-Dienst Telegram nach einem tödlichen Messerangriff eines Somaliers in Rheinland-Pfalz.

Höcke ist Spitzenkandidat der AfD für die Landtagswahl Anfang September. Die AfD liegt in den Umfragen seit Monaten vorn. Höcke selbst will Ministerpräsident werden, allerdings will keine andere Partei mit der AfD koalieren.  © AFP

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