Finanzminister Olaf Scholz hat am Montag einen Rekordüberschuss in Höhe von 13,5 Milliarden Euro verkündet. In der Praxis stehen jedoch einige Milliarden weniger zur Verfügung, weil die Kommunen nicht alle Mittel abrufen konnten. Uwe Zimmermann vom Deutschen Städte- und Gemeindebund erklärt, warum.

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Im sechsten Jahr in Folge hat sich Deutschland nicht neu verschuldet. Mehr noch: Am Montag verkündete SPD-Finanzminister Olaf Scholz sogar einen milliardenschweren Rekordüberschuss für das zurückliegende Jahr. Seine Partei würde das Geld am liebsten investieren, Union, FDP und Linke fordern hingegen Steuererleichterungen.

Bei der Diskussion geht jedoch unter: Zwar erzielte der Bund 2019 offiziell einen Überschuss in Höhe von 13,5 Milliarden Euro. Tatsächlich stehen aber künftig einige Milliarden weniger zur Verfügung – weil das Geld schon für Investitionen verplant, aber noch nicht abgerechnet wurde.

Dabei geht es vor allem um nicht abgeflossene Beträge aus einem Sonderfonds für Kommunen. Das hat neben höheren Steuereinnahmen und extrem niedrigen oder sogar negativen Zinsen für das große Plus im Bundeshaushalt 2019 gesorgt.

Mit den Geldern aus dem Kommunalinvestitionsförderungsfonds sollen unter anderem Schulen saniert oder Kitas gebaut werden. Vielen Städten und Gemeinden fehlt es aber an Voraussetzungen, um die Gelder abzurufen. Warum?

Jahrelanger Investitionsrückstand

"Zum ersten herrscht im Bausektor Hochkonjunktur, viele Kommunen haben Schwierigkeiten, einen Bauträger oder Bauunternehmen zu finden", erklärte Uwe Zimmermann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), unserer Redaktion. "Zum zweiten ist die Personaldecke in den Behörden, insbesondere in den Bauplanungsämtern, vielerorts dünn. Und zum dritten ersticken Investitionsbemühungen oftmals im Bürokratiewust." Vergabebestimmungen, rechtliche Regelungen und "überbordende Standards" seien "der Flaschenhals für die kommunale Investitionstätigkeit", sagt Zimmermann. All das führe zu Verzögerungen.

Der DStGB vertritt als kommunaler Spitzenverband die Interessen kreisangehöriger Gemeinden. Der Sonderfonds des Bundes zielt auf finanzschwache Kommunen. "Es ist ein reines Infrastrukturprogramm, doch auch der Unterhalt der Infrastruktur kostet", betont Zimmermann.

"Jahrelang hatten wir einen Investitionsrückstand, auch beim Unterhalt wurde massiv gespart – nun ist der Investitionsbedarf umso größer", sagt er und fordert: "Neben Infrastrukturmaßnahmen sollten künftig auch die Sozialkosten stärker vom Bund finanziert werden."

Zimmermann zufolge sei in der Praxis bereits ein Großteil des insgesamt 7 Milliarden Euro umfassenden Kommunalinvestitionsförderungsfonds verplant und ausgegeben. Das Bundesfinanzministerium selbst gibt an, bisher aber nur 202 Millionen Euro verrechnet zu haben.

Der Grund: "Das Geld aus dem Sonderfonds fließt immer erst nach Abschluss der gesamten Bauverfahren über die Länder an die Kommunen", sagt DStGB-Vize Zimmermann. Teilweise hätten vielerorts die Planungen erst im Frühjahr 2018 begonnen werden können. Das heißt, etliche Kinderkrippen, Straßen oder Renovierungsmaßnahmen können noch gar nicht fertiggestellt beziehungsweise abgeschlossen sein. In den Kommunen ist das Geld schon fest verplant, beim Bund bislang aber auf dem Konto – noch.

Esken: "Steuern senken ist gefährlicher Vorschlag"

Was nun mit den anderen, tatsächlich überschüssigen Milliarden passieren soll, dafür gibt es unterschiedliche Pläne. Wirtschaftsminister Peter Altmaier fordert niedrigere Unternehmenssteuern und eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Auch Linke und FDP wollen den Rekordüberschuss für Entlastungen bei den Steuern nutzen.

SPD-Chefin Saskia Esken hingegen lehnt das ab. "Das halte ich wirklich für einen gefährlichen Vorschlag, jetzt Steuern zu senken", sagte Esken dem Bayerischen Rundfunk. Sie forderte stattdessen einen "langfristigen Investitionsplan", damit unabhängig von Kassenlage und Konjunktur investiert werden könne, etwa in Schulen, Straßen und den öffentlichen Nahverkehr. Man wisse nicht, wie sich die Einnahmesituation weiter entwickle.

Mit Material von dpa.

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