Bei den russischen Angriffen auf Odessa wurde auch die Verklärungskathedrale schwer getroffen. Präsident Wolodymyr Selenskyj drohte Moskau mit Vergeltung und der Zerstörung der Krim-Brücke. Der Tag im Überblick.

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Russland hat die ukrainische Millionenstadt Odessa am Schwarzen Meer am Wochenende wieder mit schweren Angriffen überzogen. Dabei wurden nach ukrainischen Angaben in der Nacht mindestens ein Mensch getötet und 22 verletzt. Getroffen wurde auch die als Weltkulturerbe eingestufte Altstadt. Dort beschädigte eine Rakete die orthodoxe Verklärungskathedrale schwer. Präsident Wolodymyr Selenskyj drohte Moskau mit Vergeltung. Die EU verurteilte die Angriffe auf die Hafenstadt, über die bis vor kurzem noch Getreide ausgeführt wurde, als Kriegsverbrechen.

Der russische Angriffskrieg gegen das Nachbarland dauert an diesem Montag bereits genau 17 Monate. Die Schwarzmeer-Halbinsel Krim hält Russland bereits seit 2014 völkerrechtswidrig besetzt. Seit mehreren Wochen ist eine ukrainische Gegenoffensive zur Rückeroberung besetzter Gebiete in Gang, die jedoch nicht so schnell vorankommt wie vielfach erhofft. Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte die Gegenoffensive bei einem Treffen mit dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko sogar schon für "gescheitert".

Angriffe auf Odessa treffen auch Kathedrale

Die Angriffe auf Odessa dauern bereits mehrere Tage. Moskau zerstört dort insbesondere Getreidelager - unter dem Vorwand, auf militärische Anlagen zu zielen. Odessa war einer der Häfen, über die die Ukraine bis vor einer Woche im Rahmen eines internationalen Abkommens Getreide verschiffte.

Russland ließ diese Vereinbarung jedoch auslaufen - trotz Sorgen vor der Verschärfung von Hungersnöten vor allem in einigen afrikanischen und asiatischen Staaten. Bei dem Angriff in der Nacht zum Sonntag wurde auch die Verklärungskathedrale schwer in Mitleidenschaft gezogen. Das Dach brach ein. Auch im Inneren des Gebäudes gab es Zerstörungen.

Selenskyj droht mit Vergeltung

Selenskyj hielt Moskau vor, Raketen auf friedliche Städte, Wohngebäude und Kirchen zu feuern. "Wie immer wird auch dieses Böse verlieren. Und es wird für Odessa definitiv eine Vergeltung gegen die russischen Terroristen geben." Zudem drohte er Russland abermals mit der Zerstörung der 19 Kilometer langen Brücke auf die Halbinsel Krim, die schon zwei Mal schwer beschädigt wurde. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hielt dem Kreml "Kriegsverbrechen" und "Raketenterror" vor. Beim Versuch, die Ukraine zu zerstören, habe Russland schon Hunderte Kulturstätten beschädigt.

Stoltenberg beruft Nato-Ukraine-Rat ein

Auf Bitten der Ukraine berief Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg für Mittwoch ein Treffen des neuen Nato-Ukraine-Rats ein. Dabei soll es auch um Möglichkeiten gehen, wie der Transport von ukrainischem Getreide durchs Schwarze Meer weitergehen kann. Das von Russland aufgekündigte Abkommen hatte es der Ukraine seit vergangenem Sommer ermöglicht, trotz des Kriegs fast 33 Millionen Tonnen Getreide und Lebensmittel über den Seeweg in andere Länder zu verkaufen.

Putin nennt Gegenoffensive gescheitert

Unterdessen empfing Putin zum wiederholten Mal den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, seinen engsten Verbündeten. Die beiden besuchten unweit der russischen Ostsee-Metropole St. Petersburg ein Museum zu Ehren der russischen Marine. Einmal mehr redeten sie die ukrainische Gegenoffensive klein. Lukaschenko sagte: "Es gibt keine Gegenoffensive." Putin erwiderte: "Es gibt sie. Aber sie ist gescheitert."

Briten sehen Russland im Nordosten besonders aktiv

Nach britischer Einschätzung misst Russland dem Nordosten der Ukraine größere Bedeutung bei, während es anderswo unter gehörigem Druck steht. Im Norden der Frontlinie in den ostukrainischen Gebieten Luhansk und Charkiw sei es in den vergangenen Tagen zu zunehmendem Artilleriefeuer gekommen, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. "Seine erneute Aktivität im Norden unterstreicht dessen Bedeutung für den Kreml, während es gleichzeitig im südlichen Bereich Saporischschja erheblichem Druck ausgesetzt ist."

Russischer Journalist getötet - Kameramann verletzt

Am Samstag gerieten in der Ukraine an zwei Orten auch Journalisten unter Beschuss. Ein Korrespondent der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti kam nach Angaben aus Moskau im Süden des Landes durch Beschuss mit Streumunition ums Leben. Kurz darauf wurde ein Kameramann der Deutschen Welle im Osten durch russischen Beschuss verletzt.

Die Ukraine setzt inzwischen auch Streumunition ein, die sie aus den USA geliefert bekam. Der Einsatz solcher Bomben wird von mehr als hundert Staaten geächtet, auch von Deutschland. Russland wiederum setzt diese Art der Munition bereits seit Monaten im Zuge seines Angriffskriegs ein.

Aufsehen um Tod von russischem IT-Unternehmer

In Russland sorgt derweil der Tod eines bekannten Unternehmers für Aufsehen. Der 40 Jahre alte Geschäftsmann Anton Tscherepennikow sei am Samstag vermutlich an Herzversagen gestorben, berichteten staatliche Medien. Einige wiesen darauf hin, dass sein IT-Konzern IKS Holding, der rund 30 Technologie-Unternehmen vereint und eng mit den Behörden kooperiert, sich auf die Entwicklung von Abhörtechnik spezialisiert habe.

Auch in der Ukraine, gegen die Russland seit 17 Monaten Krieg führt, wurde Tscherepennikows Tod kommentiert. "Ein weiterer mysteriöser Tod eines Top-Managers in Russland", schrieb Selenskyjs innenpolitischer Berater, Anton Heraschtschenko, auf Twitter. Er spielte damit darauf an, dass in Russland mehrfach Unternehmer und andere unter ungeklärten Ursachen ums Leben kamen oder die offizielle Todesursache angezweifelt wird.

Strack-Zimmermann sieht Defizite bei Geheimdiensten

Die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hält die Leistungsfähigkeit der deutschen Nachrichtendienste in Krisenlagen für nicht mehr ausreichend. "Man benötigt offensichtlich mehr Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die aber auch grünes Licht bekommen sollten, näher am Geschehen aktiv zu sein", sagte die FDP-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Nach dem bewaffneten Aufstand des Chefs der russischen Söldnerorganisation Wagner, Jewgeni Prigoschin, gegen Moskau war Kritik am Bundesnachrichtendienst (BND) laut geworden. (dpa/cgo)


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