Jewgeni Prigoschin starb laut russischen Behörden bei einem Flugzeugabsturz. Noch bevor der Tod des Chefs der Söldner-Gruppe Wagner bestätigt war, kursierten Videos im Netz, die den Absturz zeigen sollten. Eines dieser Videos zeigt jedoch einen Absturz, der mit Prigoschins Tod nichts zu tun hat.

Am Abend des 23. August 2023 stürzte in der russischen Region Twer ein Privatjet ab. Das Flugzeug soll Jewgeni Prigoschin gehört haben, dem Chef der russischen Söldnertruppe Wagner. Laut dem russischen Katastrophenschutzministerium hätten sich zehn Menschen an Bord befunden, die alle bei dem Absturz gestorben seien.

Prigoschin
Dieses vom russischen Ermittlungskomitee veröffentlichte Foto soll die Absturzstelle des Privatflugzeugs in der Region Twer zeigen. © Uncredited/Investigative Committee of Russia/XinHua/dpa

Auf der Passagierliste standen laut der russischen Luftfahrtbehörde neben Prigoschin auch zwei hochrangige Führungsmitglieder von Wagner. Russische Ermittlerinnen bestätigten am 27. August nach einer DNA-Auswertung offiziell den Tod des Wagner-Chefs. Prigoschin versuchte Ende Juni einen Aufstand gegen die russische Regierung.

Nach dem Absturz kursierten im Netz mehrere Aufnahmen, darunter ein Video, das unter anderem der ukrainische Regierungsberater Anton Geraschchenko teilte. "Ein Video ist aufgetaucht, das angeblich den Moment des Absturzes des Flugzeugs von Prigozhin zeigt", hieß es am 23. August in dem englischen Beitrag auf X, ehemals Twitter. Auch in anderen Beiträgen taucht das Video auf, etwa in Zusammenschnitten verschiedener vermeintlicher Aufnahmen des Absturzes.

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Video zeigt ein Flugzeug, das Wagner im Juli abgeschossen haben soll

Unsere Recherche zeigt: Die Aufnahme ist alt und zeigt etwas anderes. In dem Video ist vermutlich ein Flugzeug der russischen Armee zu sehen, das während dem Aufstand der Söldnertruppe in der Region Woronesch abgeschossen wurde. Auch die "Zeit" verwendete Ausschnitte des Videos in Beiträgen auf TikTok und Instagram zum Absturz des Privatjets, fügte später jedoch einen Hinweis hinzu, dass das Video alt sei.

Mit einer Bilder-Rückwärtssuche auf der russischen Suchmaschine Yandex finden wir einen Eintrag auf einem pro-russischen Blog von Ende Juni über den Wagner-Aufstand. Darin ist ein Standbild des Videos zu sehen. In der Bildunterschrift steht: "Aufnahme vom Absturz des brennenden Flugzeugs Il-22M".

Über eine Stichwortsuche auf Google finden wir Nachrichtenartikel, laut denen die Söldner bei ihrer Revolte ein Flugzeug der russischen Luftwaffe vom Typ Iljuschin Il-22M abgeschossen hätten. In einem Artikel von Business Insider ist auch ein X-Beitrag vom 25. Juni mit demselben Video verlinkt. Auch der britische Telegraph zeigte die Aufnahme und schrieb, dass es vermutlich das Flugzeug zeige.

Videovergleich: neu - alt
Ein Vergleich zwischen dem Video, das aktuell verbreitet wird (links), und einem Beitrag vom 25. Juni (rechts) zeigt, dass es sich um dieselbe Aufnahme handelt. © Quelle: X; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck

Dass es sich um dieselbe Aufnahme handelt, lässt sich unter anderem an den Bewegungen des fallenden Flugzeugs und den in manchen Zusammenschnitten sichtbaren Bäumen erkennen. Ebenfalls gleich ist die Stimme im Video, die auch in den aktuell verbreiteten Aufnahmen zu hören ist. Das Video ist also schon gut zwei Monate alt, und kann deshalb nicht den aktuellen Absturz der Maschine des Wagner-Chefs zeigen.

Bildmaterial, das tatsächlich die Absturzstelle zeigt, findet sich in zahlreichen Medienberichten – nach dem Absturz waren Journalistinnen und Presseagenturen vor Ort. Ein Video, das in einem Telegram-Kanal der Wagner-Gruppe geteilt und auch von verschiedenen Medien veröffentlicht wurde, scheint zudem den Absturz der Prigoschin-Maschine zu zeigen.

Videoausschnitt des tatsächlichen Absturzes der Prigoschin-Maschine
Ein Video, das in einem Telegram-Kanal der Wagner-Gruppe geteilt und von verschiedenen Medien veröffentlicht wurde, zeigt wohl den tatsächlichen Absturz der Prigoschin-Maschine. © Telegram; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck

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Teaserbild: © Uncredited/Investigative Committee of Russia/XinHua/dpa