Kann es beim EU-Sondergipfel am Donnerstag eine Einigung auf neue Finanzhilfen für die Ukraine geben? Der ungarische Regierungschef Viktor Orban sagt Ja, formuliert allerdings Bedingungen.
Die EU will am Donnerstag ein neues Hilfspaket von 50 Milliarden Euro für die Ukraine schnüren, damit diese trotz des russischen Angriffskriegs Gehälter und Renten zahlen sowie Krankenhäuser und Schulen finanzieren kann. Ungarns Regierungschef Orban hatte mit seinem Veto auf dem EU-Gipfel Mitte Dezember aber den nötigen einstimmigen Beschluss verhindert. Am Donnerstag soll auf einem Sondergipfel nun eine Lösung gesucht werden.
Orban bekräftigte kurz vor dem EU-Sondergipfel seine Ablehnung der aktuellen Pläne und nannte Bedingungen für eine Einigung. Ungarn sei bereit, Teil einer Lösung zu sein, sagte er in einem Interview des französischen Magazins "Le Point". Voraussetzung sei allerdings, dass man jedes Jahr neu darüber entscheide, ob man weiter Geld schicken wolle oder nicht.
Die Ukraine stelle über den Konflikt hinaus "ein ernstes Problem für Europa dar, unabhängig vom Krieg", sagte Orban weiter. Er erwähnte darin auch die "Einsamkeit" Ungarns innerhalb der EU, während die anderen 26 Mitgliedstaaten "immer noch glauben, dass es eine militärische Lösung gibt".
Vorwürfe, dass er die anderen EU-Staaten mit einem Veto erpressen wolle, wies Orban zurück und verwies dabei auch auf die im Juni anstehenden Europawahlen. Jetzt für die Ukraine 50 Milliarden Euro für den Zeitraum bis Ende 2027 fest zuzusagen, könnte den Bürgern seiner Meinung nach den Eindruck vermitteln, dass ihre Stimme keine Rolle spiele.
Orban kritisiert Analyse von EU-Beamten als Erpressungsversuch
Orban kritisierte zudem eine Analyse von EU-Beamten zur Wirtschaftslage in Ungarn, die vor dem EU-Sondergipfel offensichtlich Druck auf Ungarn ausüben soll. In dem von der "Financial Times" enthüllten Dokument wird darauf hingewiesen, dass im Fall eines Scheiterns des Gipfels wegen Orban andere Staats- und Regierungschefs einen Stopp sämtlicher EU-Zahlungen an Ungarn ins Gespräch bringen könnten. Dies könne dann wiederum zu sinkenden ausländischen Investitionen und zu einem weiteren Anstieg der Finanzierungskosten des Staatsdefizits und einem Währungsverfall führen.
Orban bezeichnete das Dokument am Dienstag als einen Erpressungsversuch und warnte, dass Ungarn nicht erpresst werden könne. "Wir werden unsere Interessen verteidigen", schrieb er auf der Plattform X.
Kann Kompromiss mit Orban gefunden werden?
Über neue EU-Finanzhilfen für die Ukraine hätte eigentlich bereits beim EU-Gipfel im vergangenen Dezember entschieden werden sollen. Dort brauchte es allerdings einen Konsens und Orban verhinderte den Beschluss mit einem Veto. Er hatte zuvor mehrfach die Sinnhaftigkeit der Pläne infrage gestellt und in diesem Zusammenhang auch darauf verwiesen, dass die EU aus seiner Sicht zu Unrecht für sein Land vorgesehene Gelder aus dem Gemeinschaftshaushalt eingefroren hat.
Ob bei dem Gipfel am Donnerstag ein Kompromiss gefunden werden kann, ist unklar. EU-Staaten wie Deutschland und Polen haben nach Angaben von EU-Diplomaten zuletzt klar ausgeschlossen, dass Orban ein jährliches Überprüfungsrecht für die Ukraine-Hilfen eingeräumt wird.
EU-Ratspräsident Charles Michel ließ am Dienstag ankündigen, dass es bereits am Vorabend des Gipfels bei einem Essen informelle Gespräche geben solle. Zu diesen wurde auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet. Sollte dabei keine Lösung mit Ungarn gefunden werden, wollen die anderen EU-Staaten im 26er-Kreis – also ohne Ungarn – handeln.
Polens Regierungschef: EU-Lösung für Ukraine-Hilfen "mit oder ohne Orban"
Auch Polens Regierungschef Donald Tusk sprach sich für ein Ergebnis notfalls ohne die Zustimmung Ungarns aus. "Wir werden so oder so eine Lösung finden, mit oder ohne (Viktor) Orban, um die Ukraine zu unterstützen", sagte Tusk am Dienstag. Orban sei der einzige europäische Politiker, "der so offen anti-ukrainisch ist", sagte Tusk.
Polen gehört seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zu den größten Unterstützern und Waffenlieferanten Kiews. Zuletzt gab es jedoch Streit über ukrainische Getreideexporte sowie die Tätigkeit ukrainischer Transportunternehmen in Polen. (dpa/AFP/tas)
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