Seit 2015 war Viktor Orban nicht mehr in der Ukraine. Jetzt traf sich der ungarische Staatschef mit seinem ukrainischen Pendant Wolodymyr Selenskyj. Dabei äußerte Orban eine kühne Forderung.

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Bei seinem ersten Besuch in Kiew seit Beginn des Ukraine-Kriegs hat der ungarische Regierungschef Viktor Orban den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu einer raschen Waffenruhe mit Russland aufgerufen. "Ich habe den Präsidenten aufgefordert, die Möglichkeit einer Waffenruhe schnell in Betracht zu ziehen", sagte Orban am Dienstag in der ukrainischen Hauptstadt. Diese wäre "zeitlich begrenzt und würde es erlauben, die Friedensverhandlungen zu beschleunigen".

Selenskyj pocht auf einen "gerechten Frieden" mit Russland

Selenskyj hielt dem ungarischen Regierungschef entgegen, sein Land brauche einen "gerechten Frieden". Orbans Besuch in Kiew zeige die "gemeinsamen europäischen Prioritäten", "der Ukraine und ganz Europa einen gerechten Frieden zu bringen".

Zugleich rief der ukrainische Staatschef die EU auf, ihre Hilfen für sein Land beizubehalten. Es sei "sehr wichtig für uns alle in Europa, dass Europas Unterstützung für die Ukraine auf einem ausreichenden Niveau bleibt, auch hinsichtlich unserer Verteidigung gegen den russischen Terror", sagte Selenskyj.

Ungarn hatte am Montag turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft bis Ende des Jahres übernommen. "Ziel der ungarischen Ratspräsidentschaft ist es, zur Lösung der Herausforderungen beizutragen, vor denen die Europäische Union steht. Meine erste Reise führte daher nach Kiew", schrieb der rechtspopulistische Politiker bei Facebook. Die Beziehungen zwischen Kiew und Budapest gelten als angespannt.

Dies lieg vor allem auch daran, dass Orban trotz des seit mehr als zwei Jahren währenden russischen Angriffskrieges weiter enge Beziehungen zu Moskau hält. Sanktionen gegen Russland und Finanzhilfen der EU für Kiew hat Orban mehrfach verzögert. Zudem kritisierte er die Eröffnung der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine.

Orban hat noch ein weiteres Anliegen

Ein weiterer Streitpunkt sind die Rechte der ungarischen Minderheit in der Ukraine, als deren Schutzpatron sich Orban seit Jahren inszeniert. Bei einem Fußballspiel provozierte der 61-Jährige zudem mit einem Schal, auf dem die Umrisse von Großungarn aus dem Jahr 1920 zu sehen waren. Zu der Zeit gehörte unter anderem das heute in der Ukraine liegende Transkarpatien zu Ungarn.

Orbans Besuch bei Selenskyj war nach Angaben aus ukrainischen Regierungskreisen seit Monaten vorbereitet worden. Andere EU-Staats- und Regierungschefs sowie Vertreter weiterer westlicher Verbündeter der Ukraine reisen hingegen regelmäßig zu Solidaritätsbesuchen nach Kiew. (afp/dpa/the)

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