Könnte Russland nach der Ukraine auch einen EU-Staat angreifen? Geheimdienste schließen das nach EU-Angaben mittelfristig nicht aus. Die Chefdiplomatin mahnt Konsequenzen an.

Mehr News zum Krieg in der Ukraine

Geheimdienste warnen nach Angaben der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas vor einem möglichen russischen Angriff ab 2028. "Viele unserer nationalen Geheimdienste geben uns die Information, dass Russland in drei bis fünf Jahren die Verteidigungsbereitschaft der EU testen könnte", sagte die frühere estnische Regierungschefin bei einer Veranstaltung der Europäischen Verteidigungsagentur in Brüssel. Die EU müsse nicht nur Geld ausgeben, um Krieg zu verhindern, sondern sich auf Krieg vorbereiten.

Kaja Kallas
EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas mahnt zu Vorbereitungen für einen möglichen Krieg. (Archivbild) © dpa / Philipp von Ditfurth

"Das Versäumnis Europas, in militärische Fähigkeiten zu investieren, sendet auch ein gefährliches Signal an den Aggressor", betonte Kallas. "Schwäche lädt ihn ein."

Details zu möglichen Plänen Russlands nannte Kallas nicht. Sie äußerte allerdings die Einschätzung, dass die Ukraine der EU mit ihrem Abwehrkrieg gegen Russland derzeit noch Zeit kaufe.

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Forderung nach höheren Verteidigungsausgaben

US-Präsident Donald Trump habe recht, wenn er sage, dass die Europäer nicht genug Geld für Verteidigung ausgäben. Kallas begründete dies mit der Bedrohung durch Russland und appellierte zugleich an Trump, den europäischen Nato-Verbündeten weiter beizustehen.

"Die Europäer müssen aufwachen", sagte sie. Im vergangenen Jahr hätten die 27 Mitgliedsländer im Schnitt 1,9 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgegeben, in Russland lägen die Ausgaben mit neun Prozent mehr als vier mal so hoch, gemessen an der Wirtschaftsleistung. Das sei ein "gefährliches Signal an den Angreifer" in der Ukraine, betonte die frühere estnische Regierungschefin.

Estnische Grenze zu Russland
Vor allem baltische Staaten wie Estland - hier im Bild eine Grenzbrücke von der Stadt Narva nach Russland - gelten als mögliches Angriffsziel. (Archivbild) © dpa / Alexander Welscher/dpa

"Präsident Trump hat Recht, wenn er sagt, dass wir nicht genug ausgeben", betonte sie. Nötig seien höhere Investitionen aus den Mitgliedsländern und dem Privatsektor, aber auch aus dem EU-Haushalt.

Zugleich rief die EU-Außenbeauftragte Trump auf, die Nato-Partner nicht im Stich zu lassen. Die Vereinigten Staaten seien der stärkste Verbündete der EU. "Sie müssen es bleiben", forderte sie. Trump hatte den Europäern mit dem Ende des Nato-Beistandspakts gedroht, sollten sie nicht genug in ihre Verteidigung investieren. Er forderte Ausgaben in Höhe von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts, derzeit liegt die sogenannte Nato-Quote bei mindestens zwei Prozent. Länder wie Italien, Spanien oder Belgien erfüllen noch nicht einmal die niedrigere Vorgabe.

Mit Blick auf die Unterstützung der EU für die Ukraine kündigte Kaja Kallas an, dass derzeit an einem 16. Paket mit Russland-Sanktionen gearbeitet werde und sie sich für eine effizientere Nutzung eingefrorener russischer Vermögenswerte für die Ukraine einsetzen wolle. Den Wert der bislang von EU-Staaten geleisteten Militärhilfen bezifferte sie auf knapp 50 Milliarden Euro. Bis zum Ende des kommenden Monats werde man zudem bereits 75.000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten ausgebildet haben, sagte sie.

Trump stellt Sanktionen gegen Russland in Aussicht, ist aber auch offen für Verhandlungen

US-Präsident Donald Trump stellte ebenfalls weitere Sanktionen gegen Russland in Aussicht, zeigte sich aber auch offen für Verhandlungen zum Beenden des Ukraine-Kriegs. Wann immer Kremlchef Wladimir Putin und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selensky bereit seien, werde er sich mit ihnen treffen, sagte Trump am Tag nach seiner Amtseinführung im Weißen Haus in Washington. Auf die Frage, ob er Sanktionen ergreifen werde, falls Putin nicht zu Verhandlungen bereit sei, antwortete Trump: "Klingt wahrscheinlich."

Selenskyj wolle gerne Frieden haben, sagte Trump. "Aber zum Tango gehören immer zwei." Der neue US-Präsident hatte vor seiner Rückkehr ins Weiße Haus angekündigt, den mittlerweile fast drei Jahre dauernden Krieg binnen kürzester Zeit zu beenden. Dabei sind Trumps genaue Vorstellungen noch unklar.

Russland, das sich militärisch auf der Siegerstraße sieht, will nur eine faktische Unterwerfung des Nachbarlands akzeptieren. Selenskyj erhofft sich vom neuen US-Präsidenten Hilfe dabei, ein gerechtes Ende des russischen Angriffskrieges zu erreichen. Wichtiger als ein rasches Ende sei ein nachhaltiges Ende, betont der Ukrainer.

Nach Ansicht Trumps könnte auch China eine wichtige Rolle bei der Beilegung des blutigen Konflikts spielen. Allerdings kritisierte er, der chinesische Staatschef Xi Jinping habe in dieser Hinsicht noch nicht viel getan. "Er hat eine Menge Macht so wie wir eine Menge Macht haben." Er habe Xi gesagt: "Ihr solltet das regeln." (dpa/AFP/bearbeitet von tas)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.