Reisende, die aus Regionen mit erhöhter Infektionsgefahr wieder nach Deutschland kommen, müssen sich bald verpflichtend einem Corona-Test unterziehen. Auf welcher juristischen Grundlage eigentlich? Und wer zahlt für die Tests?
Urlauber, die aus Corona-Risikogebieten nach Deutschland einreisen, müssen sich künftig nach ihrer Rückkehr auf das Virus testen lassen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kündigte am Montag eine entsprechende Testpflicht an, die voraussichtlich kommende Woche in Kraft treten soll
Die Tests sollen für alle kostenfrei sein, betonte
Das Testen dürfe "niemals eine Kostenfrage für den Einzelnen sein" und auch "keine soziale Frage", so der CDU-Politiker im "Heute Journal".
Testpflicht nur für Rückkehrer aus Risikoländern
Spahn betonte auch, dass die Testpflicht allein für Rückkehrer aus Risikoländern gelten solle, also aus Ländern mit hohen Infektionszahlen. Eine Ausweitung auf Nicht-Risikoländer schloss der Minister aus.
"Am Ende (...) ist das ja ein Eingriff in die persönliche Freiheit", sagte Spahn in den "Tagesthemen". Ein solcher müsse "natürlich auch gut gerechtfertigt sein" und "verhältnismäßig sein". Spahn hatte die geplante Anordnung seinen Amtskollegen aus den Bundesländern in einer Schaltkonferenz mitgeteilt.
Darf Jens Spahn eine Testpflicht anordnen?
Vorausgegangen war dem eine juristische Prüfung, ob die Testpflicht überhaupt rechtens ist. Ja, lautet die Antwort der Experten. "Wer in Risikogebiete reist, muss damit rechnen, dass danach ein Test auf ihn zukommen könnte", meint Rechtswissenschaftler Thorsten Kingreen von der Universität Regensburg. Ein solcher Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit sei zumutbar und verfassungsrechtlich legitim. Auch der Jurist Sebastian Kluckert von der Universität Wuppertal hält das für legitim.
Grundlage der Testpflicht ist demnach eine Regelung des Infektionsschutzgesetzes. Das Bundesgesundheitsministerium verweist auf Paragraf 5 des Gesetzes, das kürzlich für Ausnahmelagen wie Corona geändert worden war. Demnach kann der Bund eine ärztliche Untersuchung bei Einreisenden aus Risikogebieten zur Pflicht machen - ausschließlich zur Feststellung und Verhinderung einer Einschleppung einer bedrohlichen, übertragbaren Krankheit.
Was heißt "Risikoland"?
Welche Staaten als Risikogebiete mit einer erhöhten Infektionsgefahr gelten, legt die Bundesregierung mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) in einer Liste fest. Zentrales Kriterium ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gegeben hat.
In der jüngsten Version reicht sie von Afghanistan und Ägypten über die USA bis zur Zentralafrikanische Republik. Auch das EU-Land Luxemburg steht drauf. Beliebte Urlaubsländer wie Spanien und Italien stehen nicht auf der Liste.
Bereits seit dem Wochenende sind freiwillige Tests für Rückkehrer aus Risikogebieten auf mehreren deutschen Flughäfen möglich. Wer keinen negativen Test-Befund hat, muss sich wie bisher für zwei Wochen in häusliche Quarantäne begeben.
Spahn warnt: "Wir müssen weiterhin aufeinander aufpassen"
Auch Reisende aus Nicht-Risikoländern können sich schon freiwillig kostenlos innerhalb von 72 Stunden testen lassen - dann nicht am Flughafen, sondern etwa in Arztpraxen oder Gesundheitsämtern.
Hintergrund ist, die Ausbreitung des Virus auch in der Hauptreisezeit einzudämmen, in der Millionen Bundesbürger wieder im In- und Ausland unterwegs sind. Es soll verhindert werden, dass sich infizierte Urlauber aus Regionen mit größeren Corona-Ausbrüchen in Deutschland verteilen.
Trotz der geplanten Pflichttests bleibe aber immer noch ein Risiko, sagte Spahn in den "Tagesthemen". "Wir müssen weiterhin aufeinander aufpassen." Es sei wichtig, achtsam zu bleiben, warnte der Gesundheitsminister. "Der Leichtsinn, der sich ergibt im Alltag, im Urlaubsalltag sowieso, wenn man natürlich etwas ausgelassener ist. Illegale Partys, die Bilder, die wir sehen, sorgen mich sehr", so Spahn.
Deshalb gelte: "Abstand halten, aufeinander achten, und sich im Zweifel testen lassen, wenn man aus solchen Regionen, oder generell aus dem Urlaub zurückkommt."
Ärztepräsident findet Testpflicht sinnvoll
Zustimmung für die Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten kam vom Präsidenten der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt. "Aus ärztlicher Sicht ist es wünschenswert und vernünftig, dass sich alle Reiserückkehrer aus Risikoländern testen lassen sollen", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag).
Zwar gebe es bei solchen Tests angesichts der Inkubationszeit auch Unsicherheiten, "aber selbst wenn wir nur einen Teil der infizierten Rückkehrer entdecken, wäre das sinnvoll und ein Erfolg", so Reinhardt.
Aktuell gebe es in Deutschland einen "leichten, aber deutlich spürbaren Anstieg der Neuinfektionen", erklärte der Ärztepräsident. Dies hänge aber nicht nur mit den Urlaubern zusammen, "sondern auch mit der erhöhten Mobilität und der Rücknahme der Beschränkungen". (hub/dpa)
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