Vor drei Jahren floh ein Nordkoreaner nach Südkorea, nun soll er schwimmend über den Wasserweg in seine Heimat zurückgekehrt sein. Während Nordkoreas Regime den "Ausreißer" für die Einschleppung des Coronavirus verantwortlich macht, weiß Südkorea nichts von einer Infektion bei dem jungen Mann.
Drei Jahre nach seiner Flucht von Nordkorea nach Südkorea ist ein Mann nach Militärangaben vermutlich zurück in sein abgeschottetes Heimatland geschwommen.
Südkoreas Militär ging am Montag davon aus, die Person identifiziert zu haben, die Nordkorea am Tag zuvor als zurückgekehrten "Ausreißer" bezeichnet hatte, der Symptome einer Coronavirus-Infektion aufweise.
Nordkoreas Führung hatte wegen des ersten Corona-Verdachtsfalls im Land die Grenzstadt Kaesong komplett abgeriegelt und den Notstand über die Region verhängt.
Schleppte der Heimkehrer Corona in Nordkorea ein?
Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA hatte am Sonntag gemeldet, es handele sich bei dem mutmaßlich Infizierten um einen Überläufer handeln, der vor drei Jahren nach Südkorea gegangen sei.
Vor einer Woche habe er dann die scharf bewachte Grenze "illegal überquert" und sei nach Nordkorea zurückgekehrt. Von südkoreanischer Seite wurde jedoch keine Überquerung der mit Minenfeldern gespickten Grenze gemeldet.
Die südkoreanische Seuchenkontrollbehörde teilte mit, der mutmaßlich zurückgekehrte Nordkoreaner sei in Südkorea weder als Corona-Infektionsfall noch als Kontaktperson eines Infizierten registriert. Dass er Symptome aufweise, könne nicht bestätigt werden.
Flucht durch ein Abwasserrohr
Der Mann sei am 19. Juli vermutlich von der grenznahen Insel Ganghwa aus nach Nordkorea hinübergeschwommen, sagte ein Sprecher des südkoreanischen Generalstabs. Die Strecke beträgt Luftlinie rund 1,5 Kilometer.
Er sei wahrscheinlich zuvor durch ein Abwasserrohr gekrochen, um nicht von Grenzposten gesehen zu werden. An dem Ort, von wo er hinübergeschwommen sein soll, wurde demnach seine Tasche gefunden.
Nach Berichten der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap handelt es sich um einen 24-Jährigen, dem 2017 die Flucht aus Nordkorea nach Südkorea gelungen war.
Missbraucht Nordkorea den "Überläufer" zu Propagandazwecken?
Bisher hatte das extrem abgeschottete und autoritär geführte Nordkorea nach offiziellen Angaben keinen einzigen Fall des neuartigen Coronavirus registriert. Experten befürchten, dass das nordkoreanische Gesundheitswesen einer Epidemie nicht gewachsen wäre.
Das Land hatte seine Grenzen wegen des Coronavirus Ende Januar geschlossen. Allerdings gilt die 1.400 Kilometer lange Grenze zu China als durchlässig, vor allem im Winter, wenn zugefrorene Flüsse den Übertritt ermöglichen und der Schwarzmarkt entlang der Grenze blüht. Beobachter vermuten, dass das Virus schon vor der Grenzschließung ins Land gelangte.
Es bestehe kein Zweifel, dass das Coronavirus aus China ins Land gelangt sei, sagte Go Myon Hyun vom Asan-Institut für Politologie. Pjöngjang hänge den angeblich aus Südkorea eingeschleppten Fall an die große Glocke, um Überläufer als "gefährliche Wesen" zu brandmarken.
Ermittlungen wegen Verdacht der Vergewaltigung
Yonhap zitierte die Polizei, wonach gegen den Mann zuletzt wegen des Verdachts der Vergewaltigung ermittelt wurde. Die Polizei soll demnach Hinweise erhalten haben, wonach er das Land verlassen wollte.
Vor der Corona-Pandemie sind aus Nordkorea jedes Jahr zahlreiche Menschen wegen Hunger oder Unterdrückung geflüchtet. Die meisten setzen sich über die Grenze nach China ab. Über dritte Länder gelangen viele später nach Südkorea.
Nach Angaben des südkoreanischen Vereinigungsministeriums kehrten in den letzten fünf Jahren nur elf nordkoreanische Flüchtlinge wieder in ihre frühere Heimat zurück. (hub/dpa/afp)
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