Die in Afghanistan regierenden Taliban haben ein neues "Tugendgesetz" erlassen. Damit schränken sie die Möglichkeiten von Frauen noch einmal deutlich ein. Demnach sollen Frauen hinter einem Schleier verschwinden und möglichst nicht hörbar sein.

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Drei Jahre nach der Machtübernahme haben die Taliban in Afghanistan ein strenges "Tugendgesetz" eingeführt, um die bereits durch die Sittenpolizei überwachten strengen Verhaltensregeln zu stützen. Das Gesetz sieht unter anderem Verschleierungsvorschriften für Frauen und ein Verbot von Homosexualität vor. Es wurde vom obersten Anführer der militanten Islamisten, Haibatullah Achundsada, unterschrieben, wie das Justizministerium bekannt gab.

Das Regelwerk soll dafür dienen, die strengen Vorgaben der sogenannten Sittenpolizei durchzusetzen. Diese kontrolliert die am islamischem Scharia-Recht orientierten Verhaltensrichtlinien der Taliban bereits seit deren Rückkehr an die Macht 2021.

Taliban erklären Stimme einer Frau für "intim"

Das neue "Tugendgesetz" sieht unter anderem vor, dass "muslimische Frauen verpflichtet sind, ihr Gesicht und ihren Körper zu bedecken". Demnach müssen sich Frauen in der Gegenwart von Männern, die nicht mit ihnen verwandt sind, vollständig verhüllen.

Die Stimme einer Frau sei intim, verboten ist ihnen daher auch das Singen, laute Lesen oder Rezitieren in der Öffentlichkeit.

Auch Homosexualität und Musik verboten

Männer müssen demnach mindestens knielange Hosen tragen. Zudem müssen sie einen Bart tragen, der nicht zu kurz sein darf. Zu weiteren Verboten zählen für Männer und Frauen Homosexualität, Musik, Glücksspiel und Ehebruch. Ebenfalls verboten ist das Herstellen und Ansehen von Videos oder Bildern, die Lebewesen zeigen.

Versäumte Gebete und Ungehorsam gegenüber den eigenen Eltern können ebenfalls bestraft werden. Medien dürfen dem neuen Gesetz zufolge keine Inhalte verbreiten, die "die Gesetze der Scharia und der Religion" missachten, "Muslime beleidigen" oder "lebendige Wesen" zeigen.

Neu sind diese Regeln nicht, sie existierten bereits als Vorgaben durch das sogenannte Tugendministerium. Nun hat das Justizministerium diese schriftlich festgelegt und das Tugendministerium mit der Durchsetzung beauftragt.

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Die Sittenpolizei kann Verstöße mit Verwarnungen, Drohungen, Geldstrafen, einer Untersuchungshaft von bis zu drei Tagen oder weiteren Sanktionen bestrafen. Im Wiederholungsfall können die Beschuldigten vor Gericht gestellt werden. Abzuwarten bleibt laut Beobachtern, wie konsequent die Regeln tatsächlich durchgesetzt werden.

Bei ihrer erneuten Machtübernahme im August 2021 hatten die Taliban noch eine moderatere Regierungsform in Aussicht gestellt. Ihre Regierung ist jedoch äußerst autoritär. International stehen sie vor allem wegen ihrer massiven Beschneidung von Frauenrechten in Kritik.

Baerbock: "Fast 100 Seiten Frauenhass"

Aus Deutschland kam scharfe Kritik. Außenministerin Annalena Baerbock schrieb auf der Plattform X, das Tugendgesetz seien "fast 100 Seiten Frauenhass". Die menschenfeindlichen Regeln machten "das halbe Land mundtot", schrieb sie mit Blick auf die Vorschrift, dass die Stimmen von Frauen in der Öffentlichkeit nicht gehört werden sollen.

Das neue Gesetz "zementiert die menschenfeindlichen Regeln, die den Frauen in Afghanistan Würde, Rechte und Stimme nehmen", kritisierte Baerbock. "Es zeigt erneut, dass es zu Radikalislamisten keine Beziehungen geben kann." (dpa/AFP/bearbeite von ank)

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