Es ist der nächste Schritt zu noch mehr Macht: Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan will im August bei den Präsidentschaftswahlen antreten. Die Chancen auf einen Sieg stehen gut. Die Konsequenzen für die Türkei könnten verheerend sein.
Anfang der Woche hat der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdogan unter dem Jubel seiner Anhänger verkünden lassen, dass er als Kandidat seiner Partei AKP bei den Präsidentschaftswahlen am 10. August antreten wird. Der Schritt kam nicht überraschend. Erdogan kann nach den Regeln seiner Partei nicht ein viertes Mal als Regierungschef antreten – also geht er nun den Weg über das Präsidentenamt.
Erstmals werden die Türken direkt darüber abstimmen, wer ihr neuer Präsident werden soll. Diese Änderung hat Erdogans AKP durchgesetzt. Seine Chancen auf einen Wahlsieg im August stehen gut. Bei den Kommunalwahlen im März hatten immerhin knapp 43 Prozent der Wähler für Erdogans AKP gestimmt. Dieses Ergebnis hat den Regierungschef in seinem Führungsanspruch bestätigt.
"Autoritäres Präsidialsystem wie in Russland"
Als Präsident könnte Erdogan seine Macht weiter ausbauen – und seinen autoritären Führungsstil. "Die Türkei steht mit der Kandidatur von Erdogan vor einem politischen Wendepunkt", sagt Burak Copur, Politikwissenschaftler an der Universität Duisburg-Essen. "Wird er gewählt, droht eine Veränderung des politischen Systems weg von einer westlich orientierten parlamentarischen Demokratie hin zu einem autoritären Präsidialsystem wie in Russland."
Wenn Erdogan Präsident wird, besteht die Gefahr, dass die Demokratie im Land weiter ausgehöhlt wird. Am liebsten würde er die Verfassung ändern, um den Präsidenten mehr Macht einzuräumen. Doch dazu braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Daran ist Erdogan bislang gescheitert. Nach den Parlamentswahlen im nächsten Jahr könnte es klappen. Doch selbst wenn nicht: Als Präsident wird Erdogan auch so politisch mitmischen. Die türkische Verfassung beschreibt die Rechte des Präsidenten nur vage und lässt ihm damit großen Spielraum. Bislang haben die Staatschefs ihr Amt eher repräsentativ ausgeübt, ähnlich wie in Deutschland. Erdogan hat anderes im Sinn: Auch als Präsident will er Einfluss auf die Politik des Landes nehmen. "Er wird Exekutive spielen", sagt Copur. "Es droht eine "Putinisierung" der Türkei, also die Machtanhäufung bei einem starken Mann. Das ist schädlich für die Demokratie."
Recep Tayyip Erdogan kontrolliert die Medien
Tatsächlich gibt es bereits jetzt einige Parallelen zwischen
Die Liste ließe sich noch fortsetzen. Trotzdem stehen seine Chancen auf einen Wahlsieg im August gut. Viele Türken verbinden mit Erdogan noch immer den wirtschaftlichen Aufschwung, für den er in den Jahren nach seinem ersten Amtsantritt 2003 gesorgt hatte. Auch hat er durchaus andere Erfolge vorzuweisen, wie die Integration der konservativen Kräfte, die Abschaffung der Todesstrafe sowie die Verbesserung der Lage der Kurden.
Es droht der Absprung von Investoren
Inzwischen jedoch geht es ihm nicht mehr um Demokratisierung, sondern um seinen Machtausbau. Erdogan ist auf dem Weg zur Alleinherrschaft. Für die Türkei könnte das verheerende Konsequenzen haben. "Es besteht die Gefahr, dass er das Land weiter spaltet, Konflikte anheizt und es so zu einer weiteren Destabilisierung der Türkei kommt", sagt der Türkei-Experte Copur. Die Türkei galt lange als Musterbeispiel einer Demokratie in der Region. Erdogan ist dabei, dieses Image zu zerstören. Das wiederum kann negative wirtschaftliche und außenpolitische Folgen haben. Kehrt sich die Türkei weiter von demokratischen Prinzipien ab, könnte das beispielsweise Investoren abschrecken. Die EU-Beitrittsverhandlungen sind bereits jetzt de facto zum Erliegen gekommen. Das Land muss aufpassen, dass es sich nicht immer weiter isoliert. Erdogans Träume von einer Regionalmacht sind bereits so gut wie gescheitert. "Die Türkei betreibt eine sunnitisch geprägte konfessionelle Außenpolitik, die im Nahen Osten erhebliche Spannungen und Konflikte auslöst", sagt Copur. "Die einzigen Verbündeten der Türkei in der Region sind heute die bis vor wenigen Jahren nicht akzeptierten irakischen Kurden."
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