Für Heiko Maas ist klar: die Türkei gehört in die Nato. Bei seinem Besuch in Ankara hatte sich der Bundesaußenminister klar zu einer Mitgliedschaft bekannt. Doch die Bevölkerung sieht das anders. Eine Mehrheit der Bundesbürger ist für den Ausschluss der Türkei aus dem Bündnis. Doch wäre so ein Schritt überhaupt realistsch?

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Eine deutliche Mehrheit in Deutschland ist wegen des türkischen Einmarsches in Nordsyrien für einen Ausschluss der Türkei aus der Nato. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sprachen sich 58 Prozent dafür aus und nur 18 Prozent dagegen.

Eine noch größere Mehrheit der Befragten ist für eine härtere Gangart der Bundesregierung gegen die Türkei: 61 Prozent sind für Wirtschaftssanktionen und 69 Prozent für einen kompletten Rüstungsexportstopp.

Nach Beginn der türkischen Offensive hatte die Regierung die Waffenlieferungen lediglich eingeschränkt. Als mögliche Wirtschaftssanktion ist ein Stopp der Hermesbürgschaften im Gespräch, mit denen deutsche Exporte in die Türkei abgesichert werden.

Ausschluss der Türkei wäre kompliziert und unrealistisch

Ein Ausschluss der Türkei aus der Nato wäre hoch kompliziert und gilt als unrealistisch, da er im Nato-Vertrag von 1949 nicht vorgesehen ist. Deswegen müsste dieser Vertrag erst mit Zustimmung und Ratifizierung aller Mitgliedstaaten geändert werden.

Trotzdem kommen Forderungen nach einer Verbannung der Türkei aus dem Verteidigungsbündnis vor allem aus der Linkspartei. Aber auch der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat die Nato-Mitgliedschaft des östlichsten Bündnispartners in Frage gestellt. Außenminister Heiko Maas (SPD) hat dagegen am Samstag bei seinem Türkei-Besuch gesagt: "Die Türkei ist und bleibt ein wichtiger Nato-Verbündeter für Deutschland."

Die Türkei war vor gut zwei Wochen in Syrien einmarschiert, um die von ihr als Terrororganisation angesehene Kurdenmiliz YPG zu verdrängen.

Zuvor hatten die bislang mit den Kurden verbündeten US-Truppen mit ihrem Abzug aus dem Gebiet begonnen. Die Türkei und Russland haben sich inzwischen darauf verständigt, das nordsyrische Grenzgebiet zur Türkei gemeinsam zu kontrollieren.

Vorstoß Kramp-Karrenbauers trifft auf geteiltes Echo

Als Alternative dazu hatte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer vor einer Woche die Bildung einer Sicherheitszone unter Kontrolle einer UN-Schutztruppe in Nordsyrien vorgeschlagen. In der Bevölkerung trifft sie damit der YouGov-Umfrage zufolge auf ein geteiltes Echo.

30 Prozent finden ihre Initiative gut, 39 Prozent lehnen sie aber ab. Klarer ist das Meinungsbild, wenn es um eine Beteiligung der Bundeswehr an einem solchen Einsatz der Vereinten Nationen geht: 50 Prozent sind dagegen, nur 26 dafür, 24 Prozent machen keine Angaben.

Außenminister Heiko Maas von der SPD hat sich von dem Vorschlag Kramp-Karrenbauers distanziert. Er räumt ihm derzeit keine Chancen ein. Bei den Anhängern beider Koalitionsparteien gibt es laut YouGov-Umfrage aber keine eindeutige Haltung zu der Frage.

39 Prozent der Wähler von CDU und CSU finden den Vorschlag gut, 34 Prozent sind dagegen. Von den SPD-Wählern unterstützen 29 Prozent die Initiative, 42 Prozent lehnen sie ab. (dpa/dh)

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