US-Präsidentschaftswahl: Es stehe zu viel auf dem Spiel, warnt Amerikas berühmtester Ökonom: Sollte Trump gewinnen, könne dies für eine lange Zeit "die letzte echte Wahl" in den USA gewesen sein. Auch Bidens Arzt meldet sich zu Wort.

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In der laufenden Debatte über die US-Präsidentschaftskandidatur von Joe Biden hat auch der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman den Demokraten zum Verzicht auf seine Bewerbung aufgerufen. In seiner einflussreichen Kolumne für die Zeitung "New York Times" schrieb Krugman am Montag, Biden solle "das Richtige tun".

Zwar habe er als Amtsinhaber einen exzellenten Job gemacht, was nicht ausreichend gewürdigt werde. Biden habe jedoch die Prüfung der Live-Debatte gegen den Republikaner Donald Trump nicht bestanden. Damit sei der 81 Jahre alte Präsident politisch beschädigt ("damaged goods"). Es stehe zu viel auf dem Spiel, schrieb Krugman: Sollte Trump gewinnen, könne dies für eine lange Zeit "die letzte echte Wahl" in den USA gewesen sein.

Stellungnahmen von Biden und Trump lagen zunächst nicht vor. Krugman reiht sich ein in eine Liste von Abgeordneten, Kommentatoren und Prominenten, die Biden nach seinem als schwach empfundenen Fernsehauftritt Ende Juni zu einem Rückzug vor der Wahl am 5. November aufgefordert haben.

Biden hatte dies vor der Veröffentlichung der Kolumne am Montag abermals zurückgewiesen und erklärt, dass ihm egal sei, was die "großen Namen" und die "Millionäre" dächten. Unklar ist, wer an Bidens Stelle treten würde (Hier lesen: Diese Demokraten stünden in den Startlöchern). Krugman erklärte, gegenwärtig scheine es keine glaubwürdige Alternative außer Vizepräsidentin Kamala Harris zu geben.

"Ein hochqualifizierter und hoch angesehener Neurologe"

Nach offenen Fragen zu Besuchen eines Spezialisten für Parkinson im Weißen Haus macht derweil Bidens Arzt Details öffentlich. Dr. Kevin Cannard sei der neurologische Spezialist, der Präsident Biden für jede seiner jährlichen Routine-Gesundheitschecks untersuche, schrieb Bidens Leibarzt Arzt Kevin O'Connor in einem vom Weißen Haus veröffentlichten Brief. Cannard sei nicht ausgewählt worden, weil er ein Spezialist für Bewegungsstörungen sei, sondern weil er "ein hochqualifizierter und hoch angesehener Neurologe" sei. Sein "sehr breites Fachwissen" gebe ihm die Flexibilität, um eine Vielzahl von Patienten und Problemen zu bewerten.

Zuvor war es bei der täglichen Pressekonferenz im Weißen Haus zu einer aufgeheizten Debatte zwischen den anwesenden Journalistinnen und Journalisten und Bidens Sprecherin, Karine Jean-Pierre, gekommen. Jean-Pierre weigerte sich, Angaben dazu zu machen, warum Cannard das Weiße Haus in den vergangenen Monaten regelmäßig besucht hatte. Die "New York Times" schrieb unter Berufung auf offizielle Besucherprotokolle, dass Cannard acht Mal seit dem vergangenen Sommer in der Regierungszentrale gewesen sei. "Es spielt keine Rolle, wie sehr Sie mich drängen, es spielt keine Rolle, wie wütend Sie auf mich sind", sagte die Sprecherin auf mehrere Nachfragen zu den Besuchen. "Wir können die Namen der Spezialisten nicht nennen, vom Dermatologen bis zum Neurologen."

Arzt arbeitet in Medizineinheit im Weißen Haus

Bidens Arzt O'Connor zufolge sind die Ergebnisse der neurologischen Untersuchung durch Cannard jedes Mal öffentlich gemacht worden. Ende Februar hieß es in dem veröffentlichtem Gesundheitsbericht, dass es bei Biden keine Anzeichen für mögliche Schlaganfälle oder Parkinson gebe und der Präsident "keinen Tremor" aufweise. "Präsident Biden hat keinen Neurologen außerhalb seiner jährlichen Untersuchung gesehen", schrieb O'Connor nun weiter. Cannard sei seit 2012 neurologischer Berater der Medizineinheit im Weißen Haus.

Diese Abteilung des Weißen Hauses ist für die medizinischen Bedürfnisse des Präsidenten, der Mitarbeiter und Besucher des Weißen Hauses verantwortlich. Cannard halte dort regelmäßige Sprechstunden ab. "Patienten im Weißen Haus zu sehen, ist etwas, was Dr. Cannard seit einem Dutzend Jahren tut." Um die Privatsphäre der Patientinnen und Patienten zu schützen, würden die Namen der Experten normalerweise nicht veröffentlicht. In diesem Fall mache man nun eine Ausnahme.

Der 81 Jahre alte Biden muss sich seit seinem TV-Debakel gegen den republikanischen Herausforderer Donald Trump zunehmend Fragen zu seiner geistigen Fitness gefallen lassen. Auch in der Demokratischen Partei ist er unter Druck geraten. In den USA wird diskutiert, ob Biden wegen seines hohen alters wirklich der richtige Präsidentschaftskandidat der Demokraten für die Wahl im November ist. Biden weist jegliche Zweifel zurück. Einen kognitiven Gesundheitstest zu seinen geistigen Fähigkeiten lehnt er ab. Auch seine Sprecherin Jean-Pierre hob noch einmal hervor, dass man dazu keine Veranlassung sehe.

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Der aktuelle Schritt des Weißen Hauses ist ungewöhnlich und zeigt, wie groß der Druck mittlerweile ist. Die Veröffentlichung der Details dürfte das Ziel haben, Spekulationen zu einer möglichen Parkinson-Erkrankung Bidens auszuräumen. "Ist der Präsident wegen Parkinson behandelt worden? Nein. Wird er wegen Parkinson behandelt. Nein, wird er nicht. Nimmt er Medikamente gegen Parkinson. Nein", sagte Jean-Pierre bereits beim Pressebriefing.

Parkinson ist eine nervenbedingte Bewegungsstörung, die vor allem ältere Menschen trifft. Ursache für die auch Schüttellähmung genannte Krankheit ist das Absterben von Nervenzellen im Gehirn. Sie produzieren dann kein Dopamin mehr, mit dessen Hilfe der Körper normalerweise Bewegungen steuert. Zahlreiche Störungen sind die Folge: Zittern, verspannte Muskeln sowie Gang- und Gleichgewichtsstörungen. Hinzu kommen eine leise und monotone Sprache sowie eine starre Mimik.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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