• Die Formel, die zur Berechnung der Firmen-Enschädigung aufgrund des vorzeitigen Kohleausstiegs angewendet wurde, räumt den Energiekonzernen wohl Vorteile ein.
  • Das berichten der "Spiegel" und Greenpeace.

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Bei der Berechnung der Firmen-Entschädigungen wegen des vorzeitigen Kohleausstiegs ist nach Informationen von "Spiegel" und Greenpeace eine Formel angewandt worden, die für Energiekonzerne vorteilhafte Annahmen enthält.

Das Bundeswirtschaftsministerium habe bei der Berechnung der Entschädigungen im Januar 2020 einen CO2-Preis für den Europäischen Emissionshandel von rund 17 Euro pro Tonne CO2 zugrunde gelegt, obwohl der Preis bereits Ende 2018 bei 22 Euro lag, berichtete der "Spiegel". Inzwischen liegt der Preis bei über 50 Euro.

Aus der verwendeten Formel ergebe sich eine Entschädigungssumme in Höhe von rund 4,4 Milliarden Euro für die Energiekonzerne Leag und RWE. Die nach dem Kohleausstiegsgesetz geplante Summe entspreche etwa diesem Wert, so der "Spiegel". Dem Gesetz zufolge soll die Leag 1,75 Milliarden Euro Entschädigung erhalten, RWE 2,6 Milliarden Euro.

Deutschland hatte im vergangenen Sommer den Weg für den schrittweisen Ausstieg aus der Kohle bis spätestes 2038 freigemacht. Bis zuletzt weiterlaufen sollen vor allem leistungsstarke Braunkohlekraftwerke; für Stilllegungen anderer Braunkohleanlagen bis Ende 2029 sollen die Kraftwerksbetreiber RWE und Leag mit insgesamt 4,35 Milliarden Euro vom Bund entschädigt werden.

Greenpeace fordert: Entschädigungsmilliarden müssten neu verhandelt werden

Nach einer Analyse der Umweltorganisation Greenpeace stünden den beiden Energiekonzernen stattdessen aber nur maximal 343 Millionen Euro zu, wie es in einer Mitteilung vom Sonntag hieß. Zu diesem Ergebnis kämen die Wirtschaftsanalysten des Klima-Thinktanks Ember, die zusammen mit Greenpeace die Berechnungsformel des Bundeswirtschaftsministeriums entschlüsselt hätten.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) habe "die Formel zur Berechnung der Entschädigungen bewusst zur Verschlusssache erklärt", sagte Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid. "Die realitätsfernen Berechnungen werden vor der EU-Kommission keinen Bestand haben", fügte er hinzu. Die Entschädigungsmilliarden an RWE und Leag müssten "neu verhandelt werden".

Das Wirtschaftsministerium erklärte am Samstag, die Entschädigungen seien "das Ergebnis eines intensiven Verhandlungsprozesses, in den verschiedene Erwägungen eingeflossen sind". Die betreffende Formel fand demnach "keinen Eingang in das vom Bundeskabinett beschlossene Kohleausstiegsgesetz beziehungsweise Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG)". Sie sei Teil der parlamentarischen Beratungen zum KVBG gewesen.

Prüfverfahren der EU wegen möglicher Wettbewerbsverzerrung

Derzeit läuft ein Prüfverfahren der EU wegen möglicher Wettbewerbsverzerrungen. Die EU-Kommission hatte Anfang März eine eingehende beihilferechtliche Untersuchung zu den geplanten Zahlungen von 4,35 Milliarden Euro an RWE und Leag eingeleitet. Es sei unsicher, ob die Gelder "auf das erforderliche Mindestmaß" beschränkt sind, hieß es. Ist die Herleitung der Milliarden nicht schlüssig, könnte die EU-Kommission die Auszahlung stoppen.

Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte dazu am Samstag, der Sachverhalt werde von der Europäischen Kommission "ergebnisoffen geprüft". Die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens sei bei komplexen Materien "ein üblicher Schritt", zu dem die Europäische Kommission auch verpflichtet sei.

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte der Nachrichtenagentur AFP, seine Partei sehe sich angesichts der aktuellen Kritik an den Entschädigungen bestätigt. Der Kohleausstieg der großen Koalition sei ein "planwirtschaftlicher Irrweg, der den Steuerzahler mit Milliardenzahlungen an Konzerne unter dem Deckmäntelchen des Klimaschutzes belastet". Die Verträge seien allerdings geschlossen. Im Nachhinein werde das eine weitere "völlig sinnlose Steuergeldverschwendung" in Milliardenhöhe sein. (afp/jwo/awa)  © AFP

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