Die AfD kann sich im Zuge ihres Bundestagswahlkampfs gleich über zwei großzügige Spenden freuen. Ein Spender wirft allerdings Fragen auf.

Bundestagswahl

Der Geldsegen für die AfD reißt nicht ab. Erst erhielt die Alternative für Deutschland von dem umstrittenen Lübecker Unternehmer Winfried Stöcker eine Spende von 1,5 Millionen Euro. Zwei Tage später klingelte es noch einmal in der Parteikasse. Diesmal landeten 999.900 Euro auf dem Konto der Rechtsaußen-Partei. Die Zuordnung zu einem Spender gestaltet sich in diesem Fall jedoch schwieriger.

Parteispenden ab 35.000 unterliegen besonderen Regeln

Laut deutschem Parteiengesetz müssen Parteispenden über 35.000 Euro bei der Bundestagsverwaltung angegeben werden. Daraufhin wird zeitnah der Spender und die Summe veröffentlicht. So soll eine maximale Transparenz sichergestellt werden. Problematisch wird es nur, sollte es sich um eine sogenannte Strohmannspende handeln, also der eigentliche Spender seine wahre Identität verschleiern. Sollte dies der Fall sein, darf die Partei das Geld nicht annehmen. Sollte sie es dennoch einbehalten, droht eine heftige Strafe. Das Dreifache der ursprünglichen Spende wird als Strafzahlung fällig.

In dem konkreten Fall ist der Name des Spenders zwar bekannt. Es handelt sich um einen Mann names Horst Jan Winter, der aus dem thüringischen Blankenhain stammen soll. Doch ab da beginnt es mysteriös zu werden. Unter der angegebenen Adresse findet sich ein in die Jahre gekommenes Reihenhaus. Nach MDR-Recherchen kennt dort niemand den spendablen Gönner. Lediglich an einem Briefkasten ist ein kleiner Zettel geklebt worden, auf dem H. Winter steht. Ein dazugehöriges Klingelschild gibt es nicht.

Recherchen des "Spiegel" ergaben, dass das Haus in Blankenhain als Zweitwohnsitz eines Geschäftsmanns, Horst Jan Winter, aus Jena, eingetragen ist. Dieser Winter soll laut Auszug aus dem amtlichen Handelsregister von 2023 im Aufsichtsrat der Böttcher AG sitzen. Die Firma versendet Büroartikel, Elektronik und Werkzeuge. Das Geschäft des Mittelständlers scheint zu florieren. Im vergangenen Jahr verzeichnete das Unternehmen einen Umsatz von 900 Millionen Euro.

Recherchen führen zu Firma in Jena

Die guten Geschäftszahlen dürften aber nicht der einzige Grund sein, warum einem der Name der Firma geläufig sein könnte. Firmengründer und Vorstandsvorsitzender Udo Böttcher fiel in der Vergangenheit schon des Öfteren mit Beziehungen zum rechten Rand auf. Der Firmenchef soll Ende 2024 ein Video eines rechtsextremen Sängers auf einer AfD-Veranstaltung gepostet haben, heißt es beim "Spiegel". Die AfD-Chefin Alice Weidel nannte er "meine Kanzlerin" und für den FPÖ-Chef Herbert Kickl hatte er nur Lob übrig. Zudem rät er "am besten keine deutschen Nachrichten und Zeitungen zu lesen, außer freien Journalismus" – was sich wohl auf alternative Medien des rechten Spektrums bezieht.

Auch die Firma selbst geriet in den Fokus der Medien. Anfang 2024 führte es auf Facebook eine Mitarbeiterbefragung durch, schreibt das ZDF. Thema: Politik. Bei der Befragung kam heraus, dass 34 Prozent der Belegschaft die AfD wählen wollen würden. Darunter stand: "Politische Umfrage bei der Böttcher AG, fast 600 Arbeitnehmer haben ihren politischen Willen zum Ausdruck gebracht." Kurze Zeit später wurde der Post gelöscht. Udo Böttcher gab als Begründung an, man habe die Unzufriedenheit mit der Ampel-Regierung zeigen wollen. Vom Rechtsextremismus distanziere man sich aber.

Sollte Horst Jan Winter nun tatsächlich Aufsichtsratsmitglied bei der Böttcher AG sein, muss jetzt geklärt werden, ob die Spende von der Firma oder privat getätigt wurde. Der "Spiegel" telefonierte diesbezüglich mit dem AfD-Bundesschatzmeister Carsten Hütter. Nur zweimal habe er mit Winter gesprochen, erklärt Hütter. "Der Mann ist kein Mitglied der Partei, ich kannte ihn bis dahin nicht", so der Schatzmeister. Auf die Herkunft des Geldes angesprochen, gab Hütter keine Antwort.

Für die Bundestagsabgeordnete Martina Renner (Linke) Grund genug, eine Prüfung der Spende durch die Finanzkontrolle der Bundestagsverwaltung zu fordern. "Die Bundestagsverwaltung muss den Fall untersuchen und Finanzermittlungen einleiten", so Renner.

Stadt Jena äußert sich zu AfD-Spende

Und eine Überprüfung durch die Bundestagsverwaltung könnte nicht die einzige Reaktion auf die ominöse Spende sein. Jetzt äußerte sich auch Jenas Bürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) in einer offiziellen Stellungnahme: "Ich bin sicher, dass wir in den nächsten Tagen mehr Klarheit über den Zusammenhang der Spende mit dem Unternehmen erlangen werden. Hier ist das Unternehmen in der Pflicht, rasch zur Aufklärung beizutragen und möglichen Schaden von unserer Region abzuwenden."

Weiter heißt es: "Leider ist die jüngere Vergangenheit reich an Beispielen: Auch großer unternehmerischer Erfolg ist kein Garant für politische Urteilsfähigkeit." Obwohl die Stadtverwaltung zur Neutralität verpflichtet sei, "kann es mir nicht verboten sein, auf das objektiv Zutreffende hinzuweisen: Je stärker die AfD, umso mehr wirkt sie als negativer Standortfaktor für die Branchen, die unsere Stadt und unsere Region stark machen. Diese Spende stellt sich gegen den gesellschaftlichen Konsens, der Jena und unsere Region trägt und auszeichnet."

Nitzsche ist nicht der Einzige, der sich zu der AfD-Spende geäußert hat. Christian Gerlitz, Bürgermeister und Stadtentwicklungsdezernent von Jena, kommt in der Stellungnahme ebenfalls zu Wort. "Unternehmen, die sich in unserer Stadt und Region ansiedeln und investieren, profitieren von unserer weltoffenen und inklusiven Atmosphäre." Der SPD-Politiker wies zudem auf die 19.000 Menschen mit Migrationshintergrund in Jena hin. "Das sind rund 18 Prozent der Stadtbevölkerung." Weiter heißt es: "Diese Vielfalt ist kein Hindernis, sondern ein entscheidender Standortvorteil, ohne den viele Betriebe überhaupt nicht fortbestehen könnten." (the)

Verwendete Quellen

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