Martin Schulz hat sich im TV-Duell gegen Kanzlerin Angela Merkel zwar wacker geschlagen. Als Sieger geht er jedoch nicht hervor. Und das könnte in großen Teilen auch an seiner Körpersprache liegen, wie Experte Stefan Verra erklärt.
Das TV-Duell hätte
Nach eineinhalb Stunden Diskussion über Flüchtlinge, die Türkei, den Dieselskandal und etwas Innenpolitik, steht jedoch Merkel als Siegerin in den Umfragen fest.
Martin Schulz nicht aggressiv genug
Körpersprachenexperte Stefan Verra sieht den Grund für Schulz' Niederlage vor allem in dessen fehlender Angriffslust: "Merkel hat gewonnen, nicht, weil sie es selbst so gut gemacht hätte, sondern weil Schulz sie zu wenig gefordert hat."
Schon gleich zu Beginn sei ein eklatanter Unterschied zwischen der Kanzlerin und ihrem Herausforderer klar geworden, erklärt Verra:
"Angela Merkel hat das gut gemacht. Sie ist aus dem Auto ausgestiegen und zum Studio gegangen und hatte da schon eine sehr aufrechte Körperhaltung. Und sie hat überdurchschnittlich viel gelächelt. Somit hat sie sehr souverän gewirkt."
Martin Schulz habe dagegen von Beginn an einen angestrengten Eindruck gemacht . "Stirnfalten waren zu sehen. Sein Blick ging meist Richtung Boden und er hat getänzelt", analysiert Verra. Tänzeln könne man zwar gezielt einsetzen, etwa um einen Angriff vorzubereiten. Das habe Schulz jedoch nicht getan. Stattdessen habe er instabil gewirkt.
Ein Eindruck, der sich vor allem in den ersten zwanzig Minuten des Duells bestätigt. Schulz wirkt weiter so, als überfordere ihn die Situation. "Wenn das Gehirn Ruhe sucht, schließt es die Sinnesorgane", erklärt der Körpersprachenexperte. "Martin Schulz hat auffallend oft geblinzelt und manchmal sogar seine Augen bis zu einer halben Sekunde geschlossen."
Schulz bekommt Nervosität nicht in den Griff
Auch im weiteren Verlauf des TV-Duells gelingt es Schulz nicht, seine Nervosität in Energie umzuwandeln. Anstatt aggressiv und angriffslustig zu werden, flüchtet er sich in Routinen.
"Er ist in die Körpersprache verfallen, die er im EU-Parlament so gut geübt hat: diplomatisches Agieren, Angela Merkel ausreden lassen, ihr aufmerksam zuhören", befindet Verra."Das sind Eigenschaften, die wir uns von einem Politiker wünschen. Allerdings nicht in einem Duell wie gestern."
Es sei Schulz nicht gelungen, den Energielevel auf eine Höhe zu bringen, auf der Angela Merkel nicht mehr hätte mithalten können - dabei wäre das bei Merkel gar nicht allzu schwierig, meint Verra.
"Wenn er mal Entrüstung gezeigt hätte, wenn er sich ihr mit dem Oberkörper entgegen gebeugt hätte, wenn er ihr mal ins Wort gefallen wäre und sie ihre Gedanken nicht zu Ende führen hätte können, dann wäre Angela Merkel sehr schnell an ihrem Limit angekommen. Aber nachdem er Angela Merkel die Zeit gegeben hat, die sie braucht, war sie in ihrem engen Aktionsradius auf sicherem Terrain."
"Wie eine harmlose Pressekonferenz"
Allgemein seien beide Kandidaten für ein TV-Duell viel zu manierlich aufgetreten. "Über weite Strecken hat das Gespräch auf mich gewirkt wie eine harmlose Pressekonferenz und nicht wie ein Kampf um die Kanzlerschaft, in einem der wichtigsten Länder dieses Erdballs", kritisiert Verra.
Ein Eindruck, der durch die Entscheidung des Regisseurs, Schulz und Merkel zumeist nur bis zur Brust und kaum ihren ganzen Körper abzubilden, noch verstärkt wird.
Damit widerspreche man im Übrigen dem evolutionären Bedürfnis des Menschen, ein Alpha-Tier anhand einer Körpersprache, die Sicherheit ausstrahlt, auszuwählen, erklärt Verra.
Sicherheit hat Angela Merkel jedoch offenbar bereits mit ihrer Mimik ausgestrahlt. "Sie braucht ja nur behalten, was schon da ist, nämlich die Kanzlerschaft. Somit muss sie eine stabile Körpersprache zeigen und das macht sie ja gut", fasst Verra zusammen. "Schulz hingegen muss Nichtwähler aktivieren, er muss Unentschlossene auf seine Seite bringen und er muss vielleicht den ein oder anderen Linken- oder CDU-Wähler auf seine Seite bringen.
Und jemanden zu bewegen heißt auch selber eine bewegte Körpersprache zu haben." Etwas, das Schulz in diesem TV-Duell leider nicht geschafft hat.
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